Konrad Schweiger

Mittwoch, 13. März 2024 · 0 min read

Institute of Timber Engineering and Wood Technology (LIGNUM), Graz University of Technology

Langzeit-Monitoring von Mautbrücken aus Holz

„Grüne“ Mautbrücken auf Autobahnen sind das Konzept eines österreichischen gemeinschaftlichen  Unternehmens- und Forschungsprojekts zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks. Im Rahmen des Green-Gantry-Projekts werden aus Holz, Metall und Klebstoffen bestehende Strukturen, die Wind und Wetter ausgesetzt ist, nun auf ihre Festigkeit und Langlebigkeit geprüft. Dewesoft half bei der Messung von Dehnungen und den daraus innerhalb der Strukturen resultierenden Kräften.

Jeder kennt die grauen, meist aus Stahl gefertigten Brücken über den Autobahnen, die Schilder, dynamische Anzeigen, Kameras oder Sensoren tragen. Kapsch TrafficCom und das Institut für Holzbau und Holztechnologie der Technischen Universität Graz haben nun ein „Green Gantry“ aus Holz entwickelt, um den ökologischen Fußabdruck dieser Maut- oder Schilderbrücken zu reduzieren.

Lignum Test Center (LTC)

Kapsch TrafficCom leitet das Projekt und kümmert sich allgemein um die technische Ausstattung. Das Projekt wird durch den Waldfonds, eine Initiative des österreichischen Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft, gefördert und hat eine Laufzeit von drei Jahren. Es ist Teil des Programms Think.Wood der Österreichischen Holzinitiative, an dem auch die folgenden Forschungspartner beteiligt sind: 

  • das Institut für Holzbau und Holztechnologie (LIGNUM, Technische Universität Graz),

  • die HASSLACHER Gruppe und 

  • die denkstatt GmbH.

Das  Lignum Test Center (LTC) der Technischen Universität Graz hat die Aufgabe übernommen, den Holzprototypen mit Sensoren auszustatten und ein Dewesoft-Überwachungssystem zu installieren.

Langfristige Interaktion zwischen Werkstoffen

Im Rahmen des Forschungsprojekts stehen zwei wissenschaftliche Hauptthemen im Mittelpunkt:

  • Materialermüdung: Wind und Verkehr bewirken eine dynamische Belastung der Struktur. Im Holzbau gibt es eine Wissenslücke im Bereich der Materialermüdung, insbesondere was Verbindungen betrifft.

  • Feuchteinduzierte Spannungen: Feuchtigkeit kann durch Quellen und Schwinden Spannungen im Holz verursachen. Diese Spannungen verstärken sich, wenn metallische Verbindungselemente die Verformung einschränken. Im Extremfall führen die resultierenden Spannungen zu Rissen im Holz und unter Umständen sogar dazu, dass sich metallische Verbindungselemente lösen.

Monitoring-Einrichtung

Um die theoretische Modellierung im Rahmen des Forschungsprojekts mit geeigneten Daten zu untermauern, war ein Langzeit-Monitoring notwendig, für das die TU Graz die folgende Datenerfassungsausrüstung benutzte:

  • SIRIUSi-HD-16xSTGS – universelles Datenerfassungsmodul mit USB-Schnittstelle und internen Viertel-/Halbbrückenergänzungen zur Messung von Dehnungsmessstreifen

  • 2 x DEWE-43A -universelles Datenerfassungsmodul mit USB-Schnittstelle (die Brückenergänzungen ließ die TU Graz extern ausführen)

  • Synchronisationskabel – um zu gewährleisten, dass alle Module mit demselben Takt laufen (mehr über Synchronisation erfahren Sie hier)

  • DewesoftX Software – Mess- und Analyse-Softwarepaket mit kostenlosen Updates, im Lieferumfang der Hardware enthalten

  • Für das Projekt von Vorteil waren auch die Optionen zur getriggerten Speicherung.

Die TU Graz war von Anfang an in das Projekt eingebunden. In der Produktionsphase teilte das Team den Holzbalken in drei Teile, um die Sensoren in drei verschiedenen Tiefen – 60, 120 und 240 mm –  unter der Oberfläche einzubetten. Anschließend wurden die Teile endgültig zum Querbalken blockverleimt.

Vorbereiteter hölzerner Querbalken vor der Blockverleimung und Planung der Sensorposition in drei Schichten

Das Team montierte die meisten Sensoren im Querbalken, hauptsächlich in den Ecken der Struktur, aber auch einige in einer der Säulen, woraus sich für jeden Sensor Kabellängen von etwa 5 bis 10 Metern ergaben. Für eine sichere Kabelführung wurden Schlitze in das Holz gefräst. Die Dehnungsmessstreifen wurden zum Schutz vor Feuchtigkeit mit einem speziellen Gummimaterial abgedichtet. In den drei erwähnten Tiefen wurden insgesamt elf Feuchtigkeitssensoren zur Messung des Feuchtigkeitsgehaltes des Holzes installiert.

Links ein Dehnungsmessstreifen, rechts Feuchtigkeitssensoren. Jeder Feuchtigkeitssensor misst die elektrische Impedanz über zwei Metallschrauben.

Zur Überwachung der Kräfte im Inneren der Struktur zogen es die Ingenieure aus Genauigkeitsgründen vor, Messungen in den Stahlteilen durchzuführen, da die Steifigkeit bei Holz zu stark variiert. Daher mussten die Schrauben und Gewindestangen instrumentiert werden. 

Zunächst bohrte das Team ein Loch mit einem Durchmesser von 2 mm in den hochfesten Stahl. Dann wurden die Halbbrücken-Dehnungsmessstreifen in 5- Leiter-Technik angeschlossen und mit Zweikomponenten-Epoxidkleber eingeklebt. Zusätzlich wurde vorsichtig – da eine zu lange Belastung mit zu hohen Temperaturen zu einem Festigkeitsverlust bei den Schrauben führt – je eine Unterlegscheibe als Halterung für den elektrischen Anschluss auf jede Schraube punktgeschweißt.

Das Ausgangssignal wurde vom Team so kalibriert, dass Werte bis 20 kN für die Schrauben und bis 80 kN für die Gewindestangen gemessen werden konnten.

Dipl.-Ing. David Glasner merkte dazu an: „Ich bin als Bauingenieur ausgebildet, aber bei dieser Arbeit fühlte ich mich eher wie ein Elektriker.“

Zur Kraftmessung mit Dehnungsmessstreifen Instrumentierte Schrauben
Überprüfung der eingebetteten Sensoren mit einem Laptop und dem SIRIUS-Messsystem von Dewesoft

Ein kritischer Schritt bei der Herstellung der Struktur war die Blockverleimung: Das Team trug den Klebstoff auf und fügte die beiden Hälften passgenau zusammen, bevor das Ganze in die große Blockverleimungspresse kam. Zum Glück funktionierten alle Sensoren auch nach diesem Vorgang noch.

Verleimung der beiden Querbalkenhälften in der Blockpresse – Man beachte, dass die Dehnungsmessstreifen mit einem speziellen Gummimaterial gegen Feuchtigkeit geschützt sind. Die Ingenieure führten die Innenkabel um die später eingebrachten Gewindestangen herum, um ein Zusammentreffen zu verhindern.

Zur Messung der Außentemperatur, Luftfeuchtigkeit und Windgeschwindigkeit entschieden sich die Ingenieure für die Verwendung einer Wetterstation. Sie liefert ein serielles Ausgangssignal, das vom SerialCOM-Plugin von Dewesoft dekodiert werden kann, so dass alle Daten von der DewesoftX-Software synchron gemessen werden (siehe DewesoftX-Handbuch).

Das Datenerfassungssystem hat 32 Kanäle und umfasst ein SIRIUSi-HD-16xSTGS- und zwei DEWE-43- Messgeräte. Diese Geräte sind mit einem Computer mit unabhängiger Stromversorgung und Netzwerkverbindung für das Fernmonitoring verbunden, und alles ist gut zugänglich in einem Schaltschrank untergebracht.

Das Monitoring-System, einschließlich der SIRIUS- und DEWE-43-Module, verfügt über 47 Kanäle und ist in einem Schaltschrank vor Ort installiert

Fazit

Die für ein Langzeit-Monitoring benötigte Abtastrate ist gering. Die TU Graz verwendet bei der Aufzeichnung der Minimal-, Maximal-, Durchschnitts- und Effektivwerte dennoch jedoch die „Slow-Storing“-Funktion, um die Größe der Datendatei weiter zu reduzieren. Um die Rückverfolgbarkeit zu erleichtern, generiert das System jeden Tag automatisch eine neue Datei.

Fernvisualisierung des Langzeit-Monitoring am Computer. Der Kunde legte in der DewesoftX-Software eine eigene Datenbildschirmkonfiguration mit Rekordern und digitalen Zählern zur Anzeige von Dehnungen und Kräften an.

Dipl.-Ing. David Glasner, Universitätsassistent am Institut für Holzbau und Holztechnologie, ist mit dem Messsystem zufrieden. Auch die DSUB9-Buchsen für die analogen Eingänge der Messmodule, die viel einfacher zu verlöten sind als andere, gefallen ihm gut.

Zum 16-kanaligen SIRIUS hat er jedoch eine praktische Anmerkung: „Anwender sollten darauf achten, bei der Vorabkonfiguration ihrer Kabel die schlanke Variante der DSUB9-Steckergehäuse zu verwenden.“ Dennoch ist er mit dem kompakten Formfaktor des Messmoduls zufrieden.

Seine Hauptsorge galt den eingebetteten Sensoren: Würden die instrumentierten Schrauben und Gewindestangen wie erwartet funktionieren? Glücklicherweise taten sie es.

Durch den Einsatz des Monitoring-Systems stellt die TU Graz die Funktionalität der Mautbrücke sicher und kann die Daten zur Validierung ihrer Konstruktionsmodelle verwenden. Das erste Jahr ist nun vergangen. Die Messungen zeigen, dass mit der „grünen“ Mautbrücke alles gut läuft. Unerwarteterweise haben die Ingenieure eine leichte Trocknung des inneren Kerns beobachtet, die sie auf den konstruktiven Holzschutz zurückführen.

David Glasner bei der Präsentation des Monitoring-Ansatzes auf dem 27. Internationalen Holzbau-Forum (IHF) 2023 in Innsbruck