Carsten Frederiksen

Samstag, 8. April 2023 · 0 min read

Dewesoft auf europäischem Feststoffbooster Prüfstand für große Trägerraketen

Dewesoft auf europäischem Feststoffbooster Prüfstand für große Trägerraketen

Der Schub des Boosters beträgt etwa 4650 kN. Ein Donnern dröhnt durch den Regenwald, der Lärm ist ohrenbetäubend. Flammen und Rauchwolken schießen mit großer Wucht in den tiefen felsigen Graben am Fuße des Startturms. Die Bäume am Rand des Startplatzes schwanken stark. Die Brennzeit beträgt nur 135 Sekunden, aber die Kraft des Feststoffraketentriebwerks ist überwältigend.

Der geprüfte Triebwerkstyp P120C misst 13,5 Meter in der Länge und 3,4 Meter im Durchmesser. Das mit 142 Tonnen Festtreibstoff beladene Triebwerk erzeugt nach der Zündung einen gewaltigen Feuerschwall. Der Test diente der Validierung des Designs durch Simulation der kompletten Brennzeit während des Starts und der ersten Flugphase; in diesem konkreten Fall hieß das: der Überwachung, Messung und Dokumentation aller Funktionen und Komponenten anhand von 600 verschiedenen Parametern.

Schauplatz der Szene war der rund 10 km nordwestlich von Kourou (Französisch-Guayana, Südamerika) gelegene Europäische Weltraumbahnhof. Am 28. Januar 2019 testete die französische Raumfahrtagentur CNES (Nationales Zentrum für Weltraumforschung) dort im Rahmen der Vorbereitung der ersten Starts der leichten Satellitenträgerrakete Vega-C gegen Ende des Jahres und der schweren Trägerrakete Ariane 6 im Jahr 2020 zum zweiten Mal ihr Feststofftriebwerk P120C.

Die statische Testzündung war ein Erfolg – ein weiterer wichtiger Schritt im gemeinsamen europäischen Raumfahrtprogramm, um sicherzustellen, dass millionenteure Nutzlasten sicher und kostengünstig den Orbit erreichen –, und die Datenerfassung von Dewesoft spielte dabei eine Schlüsselrolle.

Clemessy und Dewesoft - die testlösung

Im Vorfeld des Tests waren die verschiedenen Hauptkomponenten des Triebwerks – wie die Düse, der Zünder, der Festtreibstoff und das isolierte Triebwerksgehäuse – bereits separat getestet worden. „Durch diese statische Zündung sollen die verwendeten Technologien, Materialien und Produktionstechniken zusammen getestet und das Verhalten des fertig montierten Triebwerks validiert werden“, teilte die ESA vor dem Test mit.

2015 übernahm die CNES im Auftrag der ESA die Aufgabe, den Ariane-Prüfstand durch den Ersatz der analogen Datenerfassung durch eine High-End-Konditionierung und digitalisierte Datenerfassung zu verbessern. Der Anbieter stand dabei vor der Herausforderung, den bereits vorhandenen Prüfstand in ein hochzuverlässiges Steuerungssystem einzubinden. Diese Herausforderung nahm CLEMESSY als Systemintegrator trotz des Termindrucks und der begrenzten für die Durchführung des Projekts verfügbaren Zeit an: Das Datum für die Testzündung stand fest, die Teams mussten das Datenerfassungs- und das Steuerungssystem für den Test deshalb unter allen Umständen rechtzeitig komplett einsatzbereit haben.

CLEMESSY ist ein französisches Unternehmen, das sich auf die Planung und Umsetzung industrieller technischer Anlagen spezialisiert hat. Die Tochtergesellschaft von EIFFAGE sollte das Steuerungssystem für den Test des Boosters für den Ariane-Start liefern und sich um die Wartung der Anlagen kümmern.

Für die Datenerfassung entschied sich CLEMESSY für eine Zusammenarbeit mit Dewesoft. Die Syclone-Hardware von CLEMESSY stellt die Bedienerschnittstellen und dient als Server und Echtzeit-Sequenzer, während Dewesoft die Schnittstelle zum Prozess gewährleistet. Die Besonderheit besteht darin, dass das Dewesoft-System nicht nur zur Erfassung von Daten eingesetzt wird, sondern auch Echtzeitdaten an das Syclone-Steuerungssystem liefert.

KOUROU - DER EUROPÄISCHE RAUMHAFEN

Der Test fand in Französisch-Guayana im Raumfahrtzentrum Guayana (CSG) statt, dem Europäischen Weltraumbahnhof, der seit 1968 in Betrieb ist. Das zu über 90 % mit tropischem Regenwald bedeckte französische Überseedépartement ist etwa so groß wie Österreich und hat knapp über 250 000 Einwohner. Der Weltraumbahnhof ist der Hauptpfeiler der Industrie von Französisch-Guayana, und geschätzte 15 % der arbeitenden Bevölkerung sind direkt oder indirekt in der Raumfahrtindustrie beschäftigt.

In geografischer Hinsicht erfüllt der Standort die beiden wichtigsten Anforderungen an einen Raumhafen:

  • Erstens liegt er in der Nähe des Äquators, was bedeutet, dass weniger Energie benötigt wird, um ein Raumschiff in eine äquatoriale, geostationäre Umlaufbahn zu manövrieren. Raketen können mit einer Neigung von nur ~6° in die Umlaufbahn gebracht werden.

  • Zweitens befindet sich im Osten offenes Meer, was bedeutet, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Menschen durch abgeworfene Raketenstufen oder Fragmente von Fehlstarts gefährdet werden. Die Raketen starten in östliche Richtung, um den Geschwindigkeitsbeitrag der Erdrotation auszunutzen.

Die Europäische Weltraumorganisation ESA, das französische Nationale Zentrum für Weltraumforschung CNES und kommerzielle Unternehmen wie Arianespace führen in Kourou Raketenstarts durch. Der Raumhafen wurde von der ESA genutzt, um Versorgungsgüter zur Internationalen Raumstation zu befördern. Die ESA zahlt zwei Drittel des Jahresbudgets und hat auch Verbesserungen an der Anlage finanziert, die im Laufe der Entwicklung der Ariane-Trägerraketen stattgefunden haben.

Für das laufende Management des CSG ist das CNES verantwortlich. Das CNES unterstützt Arianespace im Rahmen des Erforderlichen bei der Vorbereitung und Durchführung des Starts von Raumfahrzeugen und Trägerraketen. Die Anlagen können mehrere Raumfahrzeuge verschiedener Kunden gleichzeitig abwickeln und verfügen dafür über große Reinräume und unterstützende Infrastrukturen. Das Beladen der Trägerraketen mit den Raumfahrzeugen und die Starts erfolgen von dedizierten Startplätzen für die jeweiligen Projekte, wie Ariane, Sojus oder Vega.

Ariane 6 - die trägerrakete

Bei dem Test geht es vor allem um das Trägerraketenprojekt Ariane 6. Die ESA verfolgt das Ziel, Europa einen unabhängigen Zugang zum Weltraum zu sichern und zu erhalten. Seit 1973 arbeitet das Entwicklungsprogramm mit dem CNES als Hauptauftragnehmer zusammen. Der Erstflug der Ariane 1 fand am 24. Dezember 1979 statt.

Beim Ariane-6-Projekt arbeitet die ESA zur Feinabstimmung der Konstruktion und Aufnahme der Produktion mit einem von der ArianeGroup geführten Industrienetzwerk zusammen, das mehr als 600 Unternehmen (darunter 350 kleine und mittelständische Unternehmen) in 13 europäischen Ländern umfasst. In der Zwischenzeit bereitet CNES seine Startanlagen im CSG vor.

Der Gesamtauftrag besteht darin, ein kostengünstiges und zuverlässiges unbemanntes Fahrzeug zu bauen, das einen erschwinglichen Zugang zum Weltraum ermöglicht – ein Werkzeug für den Start von Satelliten für Mobilkommunikation, Fernsehübertragung, Meteorologie, Erdbeobachtung und andere Verwendungszwecke.

Der Haupttreiber für die Entwicklung des Ariane-6-Startsystems sind die Betriebskosten gewesen. Das endgültige Konzept wurde im Dezember 2014 ausgewählt und favorisierte eine zweistufige Flüssigtreibstoffrakete mit großen Feststoffboostern gegenüber dem ursprünglichen Feststoffraketendesign. Die Ariane 6 soll die Transportkosten gegenüber dem Vorgängermodell Ariane 5 halbieren und die doppelte Anzahl von Starts pro Jahr erlauben.

Die Ariane 6 besteht im Wesentlichen aus den folgenden Komponenten:

  • einem Lower Liquid Propulsion Module (LLPM) mit Vulcain-2.1-Triebwerk,

  • einen Upper Liquid Propulsion Module (ULPM) mit Vinci-Triebwerk,

  • zwei oder vier Feststoffboostern, je nach Raketentyp (Ariane 62 oder Ariane 64),

  • einer Nutzlastverkleidung,

  • verschiedenen Adaptern/Dispensern/Doppelstartvorrichtungen oder Trägerstrukturen, abhängig von den Anforderungen der jeweiligen Mission, und

  • Trägerstrukturen für Mini-, Mikro- und Nano-Satelliten.

Das Vulcain 2.1-Triebwerk der Ariane 6 hat weniger Bauteile, bietet aber eine höhere Effizienz, während die verbesserte Vinci-Oberstufe durch eine größere Wiederzündungsfähigkeit das Erreichen zusätzlicher Orbitalziele und damit mehr Flexibilität erlauben wird.

Beap - der prüfstand

Im Gegensatz zu vielen anderen Feststofftriebwerkstests wurde diese Zündung in vertikaler Position auf dem Prüfstand durchgeführt. Die Testanlage wird kontinuierlich verbessert, um der Entwicklung der europäischen Trägerraketen zu folgen. Das völlig neu entwickelte Triebwerk P120C und der Prüfstand wurden mit Sensoren für die Sammlung von Daten zu über 600 Parametern ausgestattet, positioniert und dann für 135 Sekunden gezündet.

Der Prüfstand für Feststoffzusatzraketen (BEAP) ist eine einzigartige Testanlage im Raumfahrtzentrum Guayana. Seit 1993 werden hier die Feststofftriebwerke (EAP) für die Ariane 5 getestet. Da diese nicht wirklich abheben sollen, ist die Anlage mit Sicherheitssystemen ausgestattet, die verhindern, dass sich ein Booster vom Prüfstand lösen und diesen verlassen kann. In diesem Fall würden große Klingen die Hülle aufschneiden, so dass der Festtreibstoff frei abbrennt, ohne Schub zu erzeugen.

Auf dem BEAP werden die Booster für die europäischen Trägerraketen ARIANE 5 und VEGA und die noch in Entwicklung befindliche ARIANE 6 getestet, um sicherzustellen, dass sie korrekt funktionieren. Der Prüfstand erfasst die Messwerte und steuert die Düse, um die Funktion der Bordelektronik zu überprüfen.

P120C - der booster

Die P120C wird von einem europäischen Konsortium entwickelt und gebaut, an dem ein Joint Venture von ArianeGroup und Avio namens Europropulsion beteiligt ist.

Der Booster entwickelt einen Schub von ca. 1 Million Pfund. Er besitzt das weltweit größte monolithische Feststoffboostergehäuse aus Kohlefaserverbundwerkstoffen. Dieses Triebwerksgehäuse wurde speziell entwickelt, um die Kosten für den Transport von Nutzlasten zu senken.

Der Booster ist die erste Stufe der Vega-C, einer neuen, von der ESA entwickelten Trägerrakete, die voraussichtlich 2020 erstmals zum Einsatz kommen wird und die Kapazität zur Beförderung einer Nutzlast in eine 700 km hohe polare Referenzumlaufbahn von den 1,5 t der aktuellen Vega-Generation auf etwa 2,2 t erhöht. Er ist auch als Strap-on-Booster für die Ariane-6-Serie geeignet: Zwei oder vier dieser Booster können an der Trägerrakete befestigt werden, um den für den Start erforderlichen Schub zu erzeugen.

Der P120C, der von der ArianeGroup und Avio gemeinsam im Auftrag ihres 50/50-Joint-Ventures Europropulsion entwickelt wurde, besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen. Der erste ist das strukturelle Gehäuse, das von Avio gebaut wurde, einem internationalen Konzern, der sich mit der Konstruktion und Entwicklung von Trägerraketen sowie Feststoff- und Flüssigkeitsantriebssystemen für die Raumfahrt befasst. Dieses Gehäuse besteht aus Carbonfaser (fasergewickelt, automatisiertes Lay-up von Epoxy-Prepregs).

Der zweite Teil ist die von der ArianeGroup aus verschiedenen Verbundwerkstoffen, einschließlich kohlenstofffaserverstärkte Kohlenstoffen, gefertigte Düse. Sie ermöglicht das schnelle Ausstoßen der vom Triebwerk erzeugten extrem heißen Gase (3000 °C) und erzeugt dabei Schub, indem sie die Energie der Verbrennungsgase in kinetische Energie umwandelt. Die Düse ist zudem verstellbar und ermöglicht so die Steuerung der Trägerrakete. Die Befüllung mit Treibstoff und die Endmontage des Motors finden in Französisch-Guayana statt.

Während die Vega-C weiterhin von der aktuellen Vega-Startanlage im Raumhafen gestartet wird, wird für die Ariane 6 ein neuer Startkomplex namens ELA-4 gebaut.

Für eine Startkampagne werden die Kernstufen im rund anderthalb Kilometer vom Startbereich entfernt gelegenen Triebwerksintegrationsgebäude in horizontaler Lage zusammengebaut und vorbereitet. Dann werden die integrierten Segmente zum Startplatz gefahren und im beweglichen Portal aufgerichtet. Dort fügt man die Booster, die Nutzlasten und die Verkleidungen hinzu, bevor über Plattformen der Zugang zu den verschiedenen Ebenen der Startanlage ermöglicht wird. Das Portal wird kurz vor dem Start weggerollt.

Zur Qualifizierung des Feststofftriebwerks werden vor dem ersten Start von Vega-C später in diesem Jahr und dem von Ariane 6 im Jahr 2020 noch zwei weitere Testzündungen folgen.

Der Booster - P120C
Gesamtlänge:13.5 mDurchmesser:3.4 m
Treibstoffmasse:142 tMaximaler Schub:4,650 kN
Triebwerkstrockenmasse:11tSpezifischer Impuls:278.5 s
Gehäusemasse:8.3 tBrennzeit:135 s
Durchschnittlicher Schub:4,500 kN

Syclone - das testkontrollsystem

Das jetzt auf dem BEAP implementierte System umfasst SYCLONE BY CLEMESSY (Syclone), eine vollständig skalierbare Steuerungssystemsoftware, die wie eine Toolbox funktioniert und es ermöglicht, eine maßgeschneiderte, an die Bedürfnisse und Umgebungen angepasste Lösung zu entwickeln. Die Softwarestruktur verbindet die Welten der Überwachung, der Echtzeit-Prozesssteuerung und der physischen Hardware.

Clemessy Syclone Überblick über das Echtzeit-Steuerungssystem

Das Entscheidungsunterstützungssystem bietet den Betreibern des Raumfahrtzentrums Guayana Kartenunterstützung für Gefahrenzonen bei riskanten Vorgängen wie Raketenstarts. Ziel des Systems ist es, meteorologische und pyrotechnische Parameter auf einer Fläche von 2200 km² zu analysieren und zu überprüfen und zu Koordinierungszwecken Echtzeitinformationen für bis zu 10 gleichzeitig durchgeführte gefährliche Vorgänge anzuzeigen.

In der frühen Phase des Projekts wurden vom Endkunden fortgeschrittene Funktionen gewünscht: zum einen die Betrachtung des Gesamtsystems als einzelne Messeinheit, zum anderen ein systemübergreifender Trigger zum Triggern aller Einheiten durch dasselbe Ereignis. Schließlich gibt es auch noch sehr hohe Anforderungen an die Cybersicherheit, mit denen man sich seit dem Beginn des Projekts beschäftigt.

Die Einzigartigkeit und hohe Wertschöpfung der geprüften Einheiten, aber auch die hohen pyrotechnischen Risiken erfordern beim Testen von Boostern oder Triebwerken für Trägerraketen eine optimale Sicherheit und Zuverlässigkeit der Steuerung für ein System, das über mehrere Jahrzehnte einsatzfähig bleiben soll.

In diesem Fall ist das zu testende Produkt einzigartig und hat einen Wert von rund 50 Mio. Euro. Der Test darf nicht scheitern, sondern muss beim ersten Versuch erfolgreich ablaufen – und natürlich ist die Sicherheit der beteiligten Teams zwingende Notwendigkeit.

Das System-Setup von Clemessy Syclone und Dewesoft

Syclone muss den gesamten Raketentestablauf steuern und überwachen und dabei die Datenerfassung und Echtzeitmessung sicherstellen. Die durchgeführten Tests können bis zu 1000 Kanäle – davon 64 mit einer Abtastrate von 200 kHz – erfordern.

Nach der Verarbeitung wandelt die Ausgabesteuereinheit das über das Netzwerk empfangene Datenpaket in ein analoges Signal um. Stellen Sie sich ein Zündungssignal vor. Alle 500 analogen Kanäle werden gestartet. Die Daten werden in der Datenerfassungssoftware mit einer sehr hohen Geschwindigkeit von bis zu 200 kHz pro Kanal voll synchronisiert erfasst und stehen dem Steuerungssystem gleichzeitig mit einer Latenz von unter 500 Mikrosekunden (einschließlich der Sigma-Delta-Gruppenlaufzeiten) zur Verfügung.

Die Daten werden in der Steuerung verarbeitet, um den vorbereiteten Testdatensatz zu generieren: Wie hoch sind die Tankdrücke? Wie ist die Düse positioniert? Was ist der nächste Schritt in der Sequenz? Dafür sind 400 Mikrosekunden erforderlich. Schließlich wird durch die Ausgabesteuereinheit eine Verzögerung induziert. Die Folge ist eine Schleifenlaufzeit von 1 ms auf einem Netzwerk mit einer Länge von etwa 4 Kilometern. Diese Schleifenlaufzeit von 1 ms ist wichtig, aber es sind auch noch andere Schlüsselmerkmale zu beachten.

Um die Anforderungen für so beeindruckende Testaufgaben erfüllen zu können, muss das Echtzeitsystem für die Messung und Überwachung ein sehr hohes Leistungsniveau erreichen. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die erfassten Daten direkt zum Antreiben der Düse verwendet werden. Der Prüfstand erreicht hohe Geschwindigkeiten bei der Schleifenverarbeitung, selbst wenn die Ausrüstung über kilometerlange Netzwerke verteilt ist. Die Schleifenzeit zwischen dem Sensorereignis und der Wirkung auf die Düse muss ca. 1 ms betragen.

Das System-Setup von Clemessy Syclone und Dewesoft

Die Datenerfassung ist mit den Sensoren vernetzt. Die Signale werden auf dem Dewesoft-System erfasst, dessen Komponenten – DewesoftSirius und SBOX R8 – perfekt über ein EtherCAT-Netzwerk kommunizieren. Dank des EtherCAT-Bus werden die Daten über die Netzwerke gesammelt und in der Echtzeitsteuerung verarbeitet.

Sirius und Sbox R8 - die datenerfassung

Beim Test wurden Datenerfassungsgeräte von Dewesoft verwendet. Sie sind nun integrierter Bestandteil des Europäischen Prüfstands für Feststoffzusatzraketen (BEAP), und die französische Raumfahrtagentur CNES (Nationales Zentrum für Weltraumforschung) wird die Startrampe für die Ariane 6 mit 800 isolierten SIRIUS-STG-Datenerfassungskanälen in 19"-Racks ausstatten.

Die Lösung umfasst auch den SBOX R8rt (Real Time), der eine Schlüsselfunktion bietet: den Dual-Mode. Das heißt, die Daten werden zum DAQ-Hauptsteuerprogramm geleitet und gleichzeitig an die Echtzeitsteuerung gesendet.

Bei den R8-Systemen handelt es sich um hochkanalige autonome Datenerfassungssysteme mit eingebautem leistungsstarken Datenverarbeitungscomputer und SSD-Datenlogging-Funktionen, die auf maximale Mobilität ausgelegt sind. Die Systeme können mit bis zu acht SIRIUS-DAQ-Slices für insgesamt 128 Analogeingänge für praktisch alle Sensortypen konfiguriert werden. R8-Datenerfassungssysteme umfassen einen EtherCAT-Master-Port mit integrierter Synchronisation für die Verbindung mit und die Erweiterung von EtherCAT®-basierten Datenerfassungssystemen wie Dewesoft SIRIUS.

Bei der Datenerfassung wird nur der isolierte Verstärker SIRIUS STG verwendet. Erstens, weil er auf einem sehr hohen Leistungsniveau ein breites Spektrum an Sensoren abdeckt; zweitens, um auf den 16 Prüfständen einem modularen Ansatz zu folgen und während der Wartungsphase nur eine einzige Referenz handhaben zu müssen.

Dafür ist das SIRIUS-Gerät, das passend nach dem hellsten Stern am Himmel, dem Hundsstern, benannt ist, bestens geeignet. Es ist mit der DualCoreADC®-Technologie ausgestattet, die einige Probleme löst, die bei der Signalmessung häufig auftreten: Eingangsüberlastung, Rauschen und störende Frequenzanteile im Signal (Aliasing). Jeder Kanalverstärker verfügt über zwei ADC, die jeweils die hohe und niedrige Verstärkung des Eingangssignals messen. Dadurch wird das Abschneiden des Signals verhindert, und die Ergebnisse werden im kompletten Messbereich des Sensors gehalten.

Erklärung der SIRIUS DualCoreADC®-Technologie

Mit dieser Technologie erreicht SIRIUS ein Signal-Rausch-Verhältnis von mehr als 130 dB und einen Dynamikbereich über 160 dB. Das ist 20 mal besser als bei 24-Bit-Systemen, bei 20-mal geringerem Rauschen.

Das SIRIUS-Gerät verfügt über eine hohe galvanische Kanal-zu-Kanal- und Kanal-zu-Masse-Isolierung (CAT II 1000 V mit Messbereichen bis zu 1600 V) und bietet eine isolierte Sensorversorgung. Diese Isolation erlaubt die Messung hoher Spannungspotenziale, und auch bei Messungen etwa von Vibrationen und Temperaturen oder anderen Messungen, bei denen nicht isolierte Sensoren neben dem hohen Spannungspotential gegen die Masse des Datenerfassungssystems platziert sind, befinden wir uns damit im sicheren Bereich.

Die Hardware ist in der Lage, verschiedene Signale (Spannung, DMS, ICP/IEPE, Ladung, CAN, Zähler, Encoder, Digital ...) zu lesen, und mit der mitgelieferten Software DEWESoft X3 lassen sich Daten zusätzlicher Schnittstellen wie GPS, Flexray, Ethernet, Seriell, PCM-Telemetrie und vielen anderen erfassen und kombinieren. Selbst wenn jede Datenquelle unterschiedliche Abtastraten ausweist, wird durch die eingesetzten Timing- und GPS-Synchronisationstechnologien sichergestellt, dass alle Daten perfekt synchronisiert sind.

SIRIUS nutzt für alle Zähler-/Encodereingänge eine patentierte Technologie namens SUPERCOUNTER®. Die Zählereingänge können Drehzahl und Winkel rotierender Maschinen messen. Supercounter sind in der Lage, genaue Werte wie 1,37, 1,87, 2,37 ... auszulesen, und das vollständig zeit- und amplitudensynchronisiert. Die Zählereingänge sind voll mit Analog-, CAN-Bus- und anderen Datenquellen synchronisiert, so dass selbst anspruchsvollste Anwendungen, wie Tests von Raketenboostern, möglich sind.

Luft-und raumfahrt - die zukunft

Der Aufnahme in das ARIANE-Projekt ging ein schrittweiser Prozess voraus. Im Jahr 2016 wurden 16 Dewesoft-Datenerfassungskanäle als Teil von SYCLONE BY CLEMESSY qualifiziert, im Test im Januar 2019 wurden dann bis zu 600 DAQ-Kanäle eingesetzt. CNES beabsichtigt, die gleiche Technologie für die Ariane 6 und insbesondere für die Testzündung des Vulcain-2.1-Raketentriebwerks in Französisch-Guayana zu verwenden.

Darüber hinaus werden weltweit weitere vergleichbare Projekte in Angriff genommen, bei denen es sich nicht in jedem Fall um Booster-Testzündungen handelt. Dewesoft und SYCLONE BY CLEMESSY verbinden das Beste zweier Welten: High-End-Datenerfassungskapazität und Steuerungs-Frontends mit einer effizienten Komplettlösung für die Steuerungssoftware. Das hohe von der französischen Raumfahrtagentur CNES und im allgemeineren Rahmen von der Europäischen Weltraumorganisation ESA geforderte Qualitätsniveau hat dazu geführt, dass die Lösungen von DEWESoft und SYCLONE BY CLEMESSY für große Prüfstände mit Hunderten von Kanälen noch reifer und robuster geworden sind.

Eine weitere Testzündung wird folgen, um die Qualifizierung des Feststoffboosters P120C vor dem ersten Start von Vega-C und dem von Ariane 6 im Jahr 2020 abzuschließen. Erneut wird in Kourou das Triebwerk aufbrüllen, und die Bäume und Sträucher werden sich verbeugen, während Feuer und Rauch in den felsigen Graben schließen. Dabei werden riesige Datenmengen mit extremer Geschwindigkeit übertragen werden, um die korrekte Steuerung und Überwachung des Tests zu gewährleisten. Die Partnerschaft von CLEMESSY und Dewesoft gewährleistet einen sicheren Start.