Gabriele Ribichini

Freitag, 3. Februar 2023 · 0 min read

by TERNA S.p.A.

Schwingungsprüfung an einer Hochspannungsdrossel

Schwingungstests und -analysen werden häufig eingesetzt, um Anomalien bei industriellen und anderen Maschinen zu identifizieren. Im vorliegenden Fall wurde das Messsystem SIRIUSi von Dewesoft zur Prüfung einer Hochspannungsdrossel verwendet. Die regelmäßige Durchführung solcher Prüfungen erlaubt es, die Entwicklung der mechanischen Eigenschaften des Isoliermaterials zu verfolgen, um so Probleme an der Maschine zu erkennen und einen eventuellen Wartungsbedarf vorherzusehen. Dewesoft SIRIUSi kann so konfiguriert werden, dass es je nach Testanforderung mechanische oder elektrische Messungen oder eine Kombination von beiden durchführt.

Terna S.p.A. ist ein Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) mit Sitz in Rom, Italien. Er operiert über das Unternehmen Terna Rete Italia, das das italienische Hochspannungsnetz kontrolliert. Dieses Netz hat eine Gesamtlänge von 74 669 km und umfasst 888 Umspannwerke und 4 Kontrollzentren, die jedes Jahr rund 320 Mrd. kWh verwalten. Solche Netze verteilen Hochspannungsstrom, dessen Spannung um ein Vielfaches größer ist als die Verbraucherspannung und in Italien typischerweise bis zu 380 kV AC beträgt.

Kompensations-Drosselspulen werden in Hochspannungs-Energieübertragungssystemen eingesetzt, um die Spannung bei Lastschwankungen zu stabilisieren. Eine herkömmliche Kompensations-Drosselspule hat feste Bemessungsdaten und ist entweder ständig an das Stromnetz angeschlossen oder wird lastabhängig zu- und abgeschaltet.

Die wichtigsten Parameter eines Stromnetzes sind die Netzspannung und die Netzfrequenz, die in der Regel die Höhe der erzeugten Wirk- und Blindleistung im Verhältnis zur erforderlichen Nutzleistung anzeigen.

Eine erhöhte Wirk- und Blindleistungsbelastung führt tendenziell zu einem Absinken der Netzfrequenz bzw. der Netzspannung. In diesem Fall ist die Erzeugung zusätzlicher Wirk- und Blindleistung erforderlich. Die Aufgabe der Drosselspulen besteht darin, die Netzspannung zu stabilisieren, indem sie bei geringer Last die Blindleistung der Freileitungen aufnehmen.

Die hohe Qualität und die Langzeitstabilität dieser Komponenten sind entscheidend für die Zuverlässigkeit des Übertragungsnetzes. Die Kunden verlangen jedoch niedrige Geräusch- und Vibrationspegel. Die Geräusche von Drosselspulen und großen Transformatoren haben tonalen Charakter und werden als störender empfunden als Breitbandgeräusche bei gleichem Schallpegel.

Zweck des Tests

Zweck des Tests war es, die Unterschiede im Schwingungspegel einer besonders geräuschvollen und einer weniger lauten (normalen) Drosselspule bei unterschiedlicher Belastung zu überprüfen. Dieser Vergleich sollte dazu dienen, die möglichen Schwankungen der mechanisch-strukturellen Driften bei den Drosselspulen über die Zeit zu bewerten, um mögliche Ausfälle vorherzusagen und verhindern zu können.

Verwendete Messausrüstung

Datenerfassungssystem und Leistungsanalysator SIRIUSi-HS 4xHS, 4xLV. Das Modul umfasst vier direkte CAT-II-Hochspannungsverstärker und vier Niederspannungsverstärker und ist in der Lage, Spannungs- sowie IEPE-Signale mit einer Abtastrate von bis zu 1 MS/s zu aufzubereiten.

Stromwandler (engl. current transformer, CT) werden zur Messung von Wechselströmen (AC) verwendet. Es handelt sich um induktive Sensoren, die aus einer Primärwicklung, einem Magnetkern und einer Sekundärwicklung bestehen. 

Im Wesentlichen wird hier ein hoher Strom mit Hilfe eines Magnetträgers in einen kleineren Strom umgewandelt. Somit können auch sehr hohe Ströme sicher und effizient gemessen werden. Bei den meisten Stromwandlern hat die Primärwicklung nur sehr wenige, die Sekundärwicklung hingegen sehr viel mehr Windungen. Von diesem Windungsverhältnis zwischen Primär- und Sekundärwicklung hängt es ab, in welchem Verhältnis die Größe der Stromlast verringert wird.

Der durch die Primärwicklung fließende Wechselstrom erzeugt im Kern ein Magnetfeld, das eine Spannung in der Sekundärwicklung induziert. Diese Spannung wird in das Ausgangssignal des Sensors umgewandelt.

Von Dewesoft sind Stromwandler mit geteiltem Kern erhältlich, die komfortable Anschlussmöglichkeiten bieten, da nicht in die Schaltung eingegriffen zu werden braucht.

Abb. 1: Die Messanordnung. Das Erfassungsmodul SIRIUSi von Dewesoft ist kompakt und robust und für den Feldeinsatz konzipiert

Das Modul umfasst eine High-End-Signalkonditionierung mit allen erforderlichen Funktionen, wie z. B.:

  • Auswahl der AC- oder DC-Kopplung

  • Programmierbare Verstärkungen

  • Offsetkompensierung (Wandler)

  • Programmierbare Tiefpassfilter

  • Anregung von Stromsensoren

  • Möglichkeit zu IEPE-Messungen

  • Automatische Erkennung von Sensorstromstärke und -empfindlichkeit sowie von Adaptern

Hervorzuheben ist unter den verschiedenen Merkmalen die galvanische Kanal-zu-Kanal- und Kanal-zu-Masse-Isolierung bis 1600 V.

Messanordnung

Ein Kanal des isolierten Datenerfassungssystems SIRIUSi war der Messung der hinter dem Spannungswandler (1:3850) abgegriffenen Spannung vorbehalten. Der andere Kanal wurde für die Strommessung hinter der Drosselspule verwendet (Stromwandler 1:400).

Für diesen Test wurden zwei Beschleunigungssensoren an der Außenstruktur der Drosselspule angebracht. Einer wurde fest in der Nähe der Temperaturanzeige positioniert, der andere während des Tests in zwei verschiedene Positionen an der Wärmetauscherseite bzw. an der Seite des Hochspannungsausgangs bewegt.

Abb. 2: Ein Beschleunigungssensor wurde während des Tests an zwei verschiedenen Stellen an der Drosselspule positioniert, und zwar an der Wärmetauscher- und an der Hochspannungsseite

Geräuschvolle Drosselspule

Der Test zur Schwingungsüberwachung an der mechanischen Struktur einer geräuschvollen Phase-1-Drosselspule umfasste zwei Konfigurationen:

  1. Beschleunigungssensor 1 hinter der Temperaturanzeige, Beschleunigungsmesser 2 auf der Wärmetauscherseite

  2. Beschleunigungssensor 1 hinter der Temperaturanzeige, Beschleunigungsmesser 2 auf der Hochspannungsseite

Abb. 3: Die Messung an der Drosselspule zeigte in beiden Testkonfigurationen einen hohen Geräuschpegel

Normal laute Drosselspule

Der Test zur Schwingungsüberwachung an der mechanischen Struktur einer normal lauten Phase-3-Drosselspule umfasste zwei Konfigurationen:

  1. Beschleunigungssensor 1 hinter der Temperaturanzeige, Beschleunigungsmesser 2 auf der Wärmetauscherseite

  2. Beschleunigungssensor 1 hinter der Temperaturanzeige, Beschleunigungsmesser 2 auf der Hochspannungsseite

  3. Accelerometer 1 is positioned behind the pressure indicator and Accelerometer 2 is positioned on the HV output side.

Abb. 4: Die Messung an der Drosselspule zeigte in beiden Testkonfigurationen einen normalen Geräuschpegel

Vergleichende mechanische Analyse

Wir führten eine vergleichende mechanische Analyse beider Drosselspulen durch. 
In beiden Messkonfigurationen ergab das mechanische Verhalten der Phase-1-Drosselspule höhere Beschleunigungseffektivwerte im Vergleich zu denen, die an der Phase-3-Drosselspule gemessen wurden.

Tabelle 1: Gemessene Durchschnittswerte für die Drosselspulen in beiden Testkonfigurationen
DrosselspuleBeschl.-sensor 1 (Temperaturanzeige)Beschl.-sensor 2 (WT-Seite)Beschl.-sensor 2 (HV-Seite)
Geräuschvolle DrosselspulePhase 10,363 g0,606 g0,779 g
Normal laute DrosselspulePhase 30,142 g0,430 g0,430 g

Die extrahierten Daten zeigen, dass eine normal laute Drosselspule auf beiden Seiten (Wärmetauscher- und Hochspannungsseite) einen gleichmäßigen Schwingungspegel von 0,430 g aufweist. Der in der Nähe der Temperaturanzeige positionierte Beschleunigungssensor maß eine Beschleunigung, die etwa einem Drittel der anderen Messwerte entsprach. Dieses Phänomen erklärt sich durch eine Verstärkung des Metallgehäuses unweit des ersten Beschleunigungssensors.

Abb. 5: Die Messposition hinter der Temperaturanzeige der Drosselspule

Die Analyse der geräuschvollen Drosselspule zeigt dagegen eine deutliche Diskrepanz zwischen den vom Beschleunigungssensor 2 gemessenen Schwingungswerten auf beiden Seiten (0,606 geff bzw. 0,779 geff).
Auch in diesem Fall erfasste der Beschleunigungssensor 1 einen niedrigeren Schwingungspegel, aber mit einem Verhältnis von etwa 1:2 statt 1:3 wie im Fall der normal lauten Drosselspule. Dieses Phänomen ist in Abbildung 6 deutlich zu erkennen. 

Abb. 6: Vergleich der Messungen in beiden Konfigurationen. Die grüne Kurve zeigt an der geräuschvollen Drosselspule (Phase 1) zwischen Konfiguration 1 (Sensor auf der Wärmetauscherseite) und Konfiguration 2 (Sensor auf der Hochspannungsseite) unterschiedliche Effektivpegel der Schwingungen. Bei der rosa Kurve hingegen, die die Messung an der normal lauten Drosselspule (Phase 3) repräsentiert, sind beide Pegel praktisch identisch.

Eine Frequenzanalyse der Beschleunigungssensorsignale zeigt eine deutliche Präsenz von Harmonischen bis 1500 Hz.
Die spektralen Bestandteile sind unterschiedlich, aber bei den gleichen Frequenzen vorhanden.

Abb. 7: Schwingungserfassung an der geräuschvollen Drosselspule: in blau der Beschleunigungssensor in der Nähe der Temperaturanzeige, in rot der Sensor an der Wärmetauscherseite

Wenn man der Grafik die Netzspannung (in grün) hinzufügt, wird die Korrelation der Frequenz der mechanischen Schwingungen mit der der Drosselspulenerregung deutlich. Die Netzspannung liegt bei 50 Hz, während die Harmonischen der Schwingungen Vielfachen von 100 Hz entsprechen.

Abb. 8: Korrelation zwischen der Drosselspulenerregung und der Frequenz der mechanischen Schwingungen. Die Harmonischen der Schwingungen – hier dargestellt bis zu einer Frequenz von 500 Hz – sind 100-Hz-Vielfache der Netzspannung.

Leistungsanalyse

Wir führten eine Leistungsanalyse der hinter den Spannungswandlern und Stromwandlern abgegriffenen Spannungs- und Stromsignale durch, um die typischen Parameter eines Netzwerkanalysators zu berechnen.

Netzfrequenz

Die Netzfrequenz wurde mit dem in DewesoftX integrierten PLL-Algorithmus berechnet, der eine Genauigkeit von 1 Millihertz garantiert.
Während der 20-minütigen Aufzeichnung ermittelte das System Frequenzschwankungen mit einer maximalen Schwankungsbreite von 0,07 Hz.

Abb. 9: Die Frequenzschwankungen – die Skala des Graphen reicht von 49,9 Hz bis 50,1 Hz

Phasoranalyse

Die Darstellung der Spannungs- und Stromphasoren lässt deutlich eine Phasenverschiebung von 90° erkennen, die typisch für die fast reine Induktivität der Drosselspule ist.

Abb. 10: Verlauf der Spannungen und Ströme der ersten Harmonischen. Das Messsystem ermöglicht die Analyse der Phasoren für alle Oberschwingungen (bis 100°)

Oberschwingungsanalyse

Abb. 11: Eine detaillierte Analyse zeigt die Präsenz kleiner Oberschwingungen, die praktisch nur im logarithmischen Maßstab erkennbar sind

Der sehr niedrige Leistungsfaktor (0,0255) ist fast vollständig auf die Phasenverschiebung von annähernd 90 Grad zurückzuführen, während die Verzerrungsblindleistung praktisch vernachlässigbar ist (nahezu perfekte Sinuswelle).
Die Einheiten der Blindleistung Q sind „var“ (Volt-Ampere-reaktiv), „kvar“ (Kilovar) und „Mvar“ (Megavar).
Die Verzerrungsblindleistung D beträgt 1059 kvar bei einer Gesamtblindleistung Q von 86.347 kvar und einer Scheinleistung S von 86.375 kVA.

Abb. 12: Der (anpassbare) Leistungsanalyse-Standardbildschirm des DewesoftX-Leistungsmoduls. Es wird eine breite Palette von Parametern berechnet.

Fazit

Die durchgeführten Tests haben deutlich gezeigt, dass die geräuschvolle Drosselspule (Phase 1) im Vergleich zur normal lauten Drosselspule (Phase 3) einen hohen Schwingungspegel aufweist. Zudem war eine ungleichmäßige Verteilung der Intensitäten an den beiden gemessenen Seiten zu erkennen.

Die gemessenen Schwingungen zeigen eine perfekte Korrelation mit der 50-Hz-Netzfrequenz, was ein klares Indiz dafür ist, dass sie mit der Drosselspulenerregung im Zusammenhang stehen.

Die regelmäßige Analyse der Drosselspulen mithilfe des Dewesoft-Systems erlaubt es zweifellos, die Entwicklung der mechanischen Eigenschaften des Isoliermaterials zu verfolgen und jeden möglichen Wartungsbedarf vorherzusehen.

Das SIRIUSi-System von Dewesoft kann so konfiguriert werden, dass es je nach Testanforderung mechanische oder elektrische Messungen oder eine Kombination von beiden durchführt.

Die parallel zu den mechanischen Messungen durchgeführte Leistungsanalyse ermöglicht es, alle elektrischen Eigenschaften des Systems unter Kontrolle zu halten, und liefert wichtige Informationen für die Erkennung von Anomalien.

Wie in der folgenden Abbildung dargestellt, kann dasselbe Tool auch für die Modalanalyse (Modaltest) verwendet werden, um die Frequenzen und Modalformen zu ermitteln:

Abb. 13: Modalanalyse zur Ermittlung der Frequenzen und Modalformen der Drosselspule

Jeder Drift der Frequenzen und Modalformen gibt einen klaren Hinweis auf das Maß des mechanischen Verschleißes und die daraus resultierende Veränderung der Steifigkeitseigenschaften.

Diese Indizien können sowohl in der Anfangsphase dazu verwendet werden, die besten Punkte für die Analyse der Schwingungen zu ermitteln, als auch bei der regelmäßigen Analyse, um sich einen klaren Eindruck von der Veränderung der mechanischen Eigenschaften zu verschaffen.

All dies dient dazu, einen Einblick in das dynamische mechanische Verhalten der Drosselspule zu erhalten, und stellt ein nützliches Instrument zur Optimierung ihrer Geräusch- und Schwingungseigenschaften dar.

Weitere Informationen: