Gabriele Ribichini

Mittwoch, 1. März 2023 · 0 min read

by TERNA S.p.A.

Prüfung eines synchronisierten Hochvolt-Schaltvorgangs

Leistungsschalter sind ein wichtiger und kritischer Bestandteil von Stromversorgungssystemen. Sie verhindern Schäden an den Komponenten und der Verkabelung des Systems, wenn der Strom die Auslegungsgrenzen überschreitet. Der italienische Übertragungsnetzbetreiber Terna S.p.A. wollte die Schaltfunktion eines alten synchronen Hochspannungsschalters überprüfen. Diese Aufgabe wurde mit Datenerfassungssystemen von Dewesoft und dem Power Analysis Softwaremodul erledigt.

Terna S.p.A. ist ein Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) mit Sitz in Rom, Italien. Er operiert über das Unternehmen Terna Rete Italia, welches das italienische Hochspannungsnetz kontrolliert. Dieses Netz hat eine Gesamtlänge von 74 669 km und umfasst 888 Umspannwerke und 4 Kontrollzentren, die jedes Jahr rund 320 Mrd. kWh verwalten.

Die Synchronisiereinheit

Leistungsschalter sind mechanische Schaltgeräte, die in der Lage sind, Netzstrom unter normalen und anormalen Betriebsbedingungen einzuschalten, zu führen und auszuschalten. Unter anormalen Bedingungen, z. B. wenn ein Blitz in einen Freileitungsmast einschlägt, isolieren Leistungsschalter die defekten Komponenten des Systems, um weitere Schäden zu verhindern. Im Idealfall sollte ein geschlossener Leistungsschalter wie ein perfekter Leiter funktionieren, der einen optimalen Stromfluss gewährleistet. 

Eine Synchronisiereinheit wird häufig in Hochspannungs-Leistungsschaltern eingesetzt, um zu verhindern, dass der Kontakt bei hohem Stromfluss geöffnet oder geschlossen wird. Das Öffnen bei hohem Stromfluss würde Lichtbogen verursachen und die Lebensdauer der Kontakte verkürzen.

Die Synchronisiereinheit, die die Schaltzeiten des Aktuators kennt, beobachtet das Timing der Sinuswellen und erteilt dem Schalter einen Befehl genau im richtigen Moment, der so berechnet wird, dass der Momentanstrom bei Bewegung des Kontakts gleich Null ist.

Die gleiche Betätigung erfolgt auf allen drei Phasen, allerdings mit unterschiedlichem Timing, da die drei Sinuswellen jeweils um 120 Grad verschoben sind.

Eine fabrikneue Installation ist so kalibriert, dass sie perfekt funktioniert und die Kontakte während des Betriebs geschont werden, aber leider verändern sich die Öffnungs-/Schließzeiten der Kontakte im Laufe der Jahre allmählich, so dass die Betätigung schließlich zum falschen Zeitpunkt stattfindet.

Zweck des Tests

Der Zweck dieses Funktionstests war die Analyse eines älteren synchronen Hochspannungs-Leistungsschalters, um mögliche Abweichungen von der ursprünglichen Einstellung festzustellen.

Verwendete Messausrüstung

Abb. 1: Das Erfassungsmodul SIRIUSi-HS von Dewesoft ist extrem kompakt und robust und für den Feldeinsatz konzipiert

Das Modul integriert Signalkonditionierungsfunktionen, wie z. B. die Auswahl der AC- oder DC-Kopplung, programmierbare Verstärkungen, Offsetkompensierung (Abweichung vom Wandler), programmierbare Tiefpassfilter, Anregung von Stromsensoren und vieles mehr, einschließlich der automatischen Erkennung von Stromstärke und Empfindlichkeit der Sensoren.

Hervorzuheben ist unter den verschiedenen Merkmalen die galvanische Kanal-zu-Kanal- und Kanal-zu-Masse-Isolierung bis 1600 V.

Anschluss des Geräts an das System

Die drei Spannungen wurden mit einem Wandlungsverhältnis von 1:3800 an die Sekundärseite der Spannungswandler angeschlossen, während die drei Ströme mit einem Wandlungsverhältnis von 1:800 hinter den Stromwandlern abgegriffen wurden.

Abb. 2: Anschluss des Geräts an das Stromnetz

Ebenfalls angeschlossen wurden die beiden von der Synchronisiereinheit an den Schalter gesendeten 110-VDC-Steuersignale (Öffnen und Schließen).

Durchführung des Tests

Eine typische Schließungsprüfung an einem Leistungsschalter lässt sich in drei Momente unterteilen: das Einschalten der Hochspannungs-Sammelschienen, das lastfreie Schalten und der Schaltvorgang unter Last.

Abb. 3: Leistungsschalter – drei unterscheidbare Momente: 1) Einschalten der Hochspannungs-Sammelschienen, 2) lastfreies Schalten und 3) Schaltvorgang unter Last

Bestromung der Hochspannungs-Sammelschienen

Die Bestromung der Hochspannungsschienen wird mithilfe einer Folge von Hochfrequenzentladungen mit Zeitverlauf gemessen.

Abb. 4: Messung der Bestromung der Hochspannungsschienen mittels einer Folge von Hochfrequenzentladungen mit Zeitverlauf

Schließen des Schalters

Analyse der Schließzeiten

Beim Schalterschließungstest zeigt sich, dass das Steuersignal zu einem bestimmten Zeitpunkt 117 V erreicht.

Abb. 5: Schalterschließungstest – oben das grüne Steuersignal

Anhand des Verlaufs der Stromsignale können wir eine Einschaltverzögerung von 163 ms messen.

Das Detail der Stromsignale im Einschaltmoment zeigt einen sehr unruhigen Verlauf, der wohl auf die Triggerung von Entladungen mit Stromspitzen bis zu 900 A zurückzuführen ist.

Abb. 6: Ein Detail der Stromsignale im Einschaltmoment lässt einen unruhigen Verlauf erkennen

Die Ursache für die erheblichen Verzerrungen der Stromsignale nach dem Einschalten ist wahrscheinlich das Fehlen einer Last hinter dem Schalter.

Abb. 7: Verzerrungen der Stromsignale nach dem Einschalten – Vergleich der drei Spannungen und Ströme

Analyse des Verhaltens der Synchronisiereinheit

Eine detaillierte Analyse des Schaltmoments zeigt, dass das Schließen der drei Phasen nicht in gleichmäßigen Abständen und zudem zu falschen Zeitpunkten erfolgt.

Die Analyse lässt erkennen, dass die Phase 12 (rot) geschlossen wird, wenn die momentane Spannung V12 etwa 24 kV beträgt, dann die Phase 4 (nach 4,33 ms), wenn die momentane Spannung V4 etwa 234 kV beträgt, und schließlich die Phase 8 (nach 1,89 ms), wenn die momentane Spannung V8 etwa 250 kV beträgt.

Abb. 8: Die Analyse des Schaltmoments macht deutlich, dass das Schließen der drei Phasen nicht in gleichmäßigen Abständen und zudem zu falschen Zeitpunkten erfolgt

Dieses Verhalten führt zur Entstehung von Lichtbogen, die in der obigen Stromkurve deutlich als Spitzen zu erkennen sind. 

Schaltvorgang unter Last

Abb. 9: Beim Schaltvorgang unter Last nehmen die Stromsignale eine regelmäßige Form an.

Phasoranalyse

Eine Phasoranalyse verdeutlicht die Inkongruenzen und Ungleichgewichte in den drei Phasen.
Die folgende Abbildung zeigt den Verlauf der Spannungen und Ströme der ersten Harmonischen (h = 1, f = 50,011 Hz) bei geschlossenem Schalter und ohne Last.

Abb. 10: Phasoranalyse – kann für jede Oberschwingung wiederholt werden

Oberschwingungsanalyse

Durch den Anteil der Harmonischen ergibt sich ein Leistungsfaktor von lediglich 0,534.

Abb. 11: Die Oberschwingungsanalyse deckt Verzerrungen auf

Weitere Updates

Mit dem DewesoftX-Leistungsmodul lassen sich viele weitere Parameter berechnen. Nachstehend ist der (individuell anpassbare) Leistungsanalyse-Standardbildschirm zu sehen.

Abb. 12: Standardbildschirm der Leistungsanalyse in DewesoftX

Fazit

Die Durchführung der Tests hat verdeutlicht, dass die getestete Synchronisiereinheit nicht korrekt funktioniert; das Schließen der Kontakte erfolgt nicht zum richtigen Zeitpunkt, was zu erheblichen Entladungen mit Strömen bis zu 900 A führt.

Außerdem erfolgt das Schließen der drei Kontakte nicht in gleichmäßigen Abständen: Das Schließintervall zwischen Phase 12 und 4 beträgt 4,33 ms, das zwischen Phase 4 und 8 jedoch nur 1,89 ms, was bei einem stationären periodischen Dreiphasensystem einen deutlichen Hinweis auf eine Fehlfunktion darstellt.

Die Analyse von Phänomenen mit Dewesoft-Datenerfassungssystemen ermöglicht die einfache Verifizierung eines korrekten Betriebs. Diese Verifizierung kann in DewesoftX mit integrierten Sequenzen automatisiert werden, die den Bediener vor Ort, der nicht notwendigerweise mit der verwendeten Technologie vertraut sein muss, durch den Vorgang führen.

Eine regelmäßige Überprüfung von Synchronisiereinheiten ist einfach und reicht zur Identifizierung jener Einheiten aus, die Alterungserscheinungen aufweisen und Wartungsmaßnahmen erfordern, um wieder normal zu funktionieren. Korrekt funktionierende Synchronisiereinheiten sind wichtig, um die teuren Kontakte von Hochspannungsschaltern zu schonen und ihre Lebensdauer zu verlängern.

Referenzen