Team H2politO: Luca Ghi, Luigi Radano, Simone Manzone, and Salvatore Scalzo, engineering students

Donnerstag, 13. März 2025 · 0 min read

by Politecnico of Turin

Ermittlung des Wirkungsgradkennfelds eines Gleichstrommotors auf dem Prüfstand

Ein Team von Studierenden der Ingenieurwissenschaften am Polytechnikum Turin (Italien) entwickelt Fahrzeuge mit niedrigem Energieverbrauch. Das Team hat einen Prüfstand für Gleichstrommotoren gebaut und eingesetzt, um die elektrische Eingangsleistung und die mechanische Ausgangsleistung unter verschiedenen Bedingungen zu messen und zu analysieren. Mithilfe von Hard- und Software von Dewesoft erfasste das Team Daten zur Ermittlung des Wirkungsgradkennfelds des in seinem Prototypfahrzeug IDRAzephyrus eingesetzten Permanentmagnet-Gleichstrommotors (PMDC).

Bei diesem detaillierten Projekt, das im Rahmen der Teilnahme am Shell Eco-Marathon durchgeführt wurde, wurden die elektrische Eingangsleistung und die mechanische Ausgangsleistung unter verschiedenen Bedingungen gemessen und analysiert, um die Leistung zu optimieren. Der sorgfältige Ansatz und die interdisziplinäre Zusammenarbeit unterstreichen das Engagement des Teams für innovative und nachhaltige technische Lösungen.

Das H2politO-Team ist eine interdisziplinäre Gruppe von Studierenden verschiedener technischer Fachrichtungen am Polytechnikum Turin. Jahr für Jahr tragen Studierende aus den Bereichen Luft- und Raumfahrttechnik, Fahrzeugtechnik, Film, Kommunikationsmedien, Elektronik, Energietechnik, Management, Informationstechnologie, Mathematik, Materialwissenschaft, Mechanik und Mechatronik zur kontinuierlichen Verbesserung der Fahrzeuge bei.

H2politO nimmt mit seinen Prototypen am Shell Eco-Marathon (SEM), einem internationalen Wettbewerb um das energieeffizienteste Fahrzeug, teil. Bei diesem Wettbewerb geht es darum, in maximal 36 Minuten eine Strecke von 16 km (10 Runden) zu absolvieren. Dabei wird der Kraftstoffverbrauch gemessen, und das Team, das am wenigsten verbraucht, gewinnt.

Das Team nimmt mit zwei Fahrzeugen in den folgenden Kategorien teil:

  • ICE Urban Concept (JUNO)

  • Wasserstoff-Brennstoffzelle (IDRAzephyrus)

Das Projekt, mit dem wir uns hier befassen, betrifft das Prototypfahrzeug IDRAzephyrus, dessen Antriebsstrang in Abb. 1 schematisch dargestellt ist. Das Antriebssystem besteht aus einer Brennstoffzelle, einer Brennstoffzellen-Steuereinheit (FCCU) mit einem Gleichspannungswandler, der die Ladung eines Superkondensator-Moduls steuert, und einer Motorsteuerung, die den im Fahrzeug integrierten Permanentmagnet-Gleichstrommotor (PMDC) versorgt.

Abb. 1: Antriebsstrang des IDRAzephyrus

Um ein wettbewerbsfähiges Ergebnis zu erzielen, ist eine hohe Effizienz der Teilsysteme von entscheidender Bedeutung. Aber auch der strategische Ansatz des Teams während des Wettbewerbs spielt eine wichtige Rolle.

Die Arbeitsgruppe „Fahrzeugdynamik und -strategie“ nutzt eine datenbasierte Methodik zur Entwicklung eines umfassenden Fahrzeugmodells. Dieses Modell ermöglicht die Erfassung wichtiger Daten, die eine weitere Verfeinerung und Optimierung verschiedener Fahrzeugkomponenten erlauben.

Testprojekt

Das Ziel des Tests war es, Daten zur elektrischen Eingangsleistung und mechanischen Ausgangsleistung zu sammeln, um das Wirkungsgradkennfeld des PMDC-Motors zu erstellen. Zu diesem Zweck sollte der Motor bei einer bestimmten Geschwindigkeit und einem festgelegten Strom stabilisiert werden, um die entsprechenden Drehmoment- und Spannungswerte zu ermitteln.

Messung des Drehmoments

Zur Messung des vom Gleichstrommotor erzeugten Drehmoments verwendeten wir ein Kistler-Drehmomentmessgerät vom Typ 4503A, das dem Team bereits zur Verfügung stand. Das Messgerät weist einen Drehmomentbereich von 20 Nm und eine maximale Winkelgeschwindigkeit von 7000 rad/min auf und enthält bereits einen Sensor zur Erfassung der Drehgeschwindigkeit der Achsen.

Aufgrund des geringen gemessenen Drehmoments entschieden wir uns, den Gleichstrommotor mit einem Planetengetriebe mit unterschiedlichen Untersetzungen zu testen. Dieses Getriebesystem sollte das Ausgangsdrehmoment erhöhen, um in den Messbereich des Sensors zu gelangen.

Steuerung des Gleichstrommotors

Zur Steuerung des Elektromotors verwendeten wir die gleiche Ansteuerplatine, die auch im Fahrzeug verbaut ist, um die gleiche Stromregelung und Spannungsvariation wie im Fahrzeug zu gewährleisten. Ein mit der Elektronikplatine verbundener PC lieferte die Motorstart- und Strategiesignale.

Belastung der Welle

Bei der ersten Lösung verwendeten wir eine Wirbelstrombremse, um den durch die Spule fließenden Strom manuell zu regulieren und so die Drehgeschwindigkeit zu steuern (Abb. 2).

Bei der zweiten Lösung setzten wir einen zweiten PMDC-Motor als mechanische Last ein (Abb. 3). Dadurch wurde die vom Belastungsmotor erzeugte Gegen-EMK (Gegen-elektromotorische Kraft) an eine elektronische Last weitergeleitet, die eine feste Spannung vorgeben kann, die einer konstanten Drehgeschwindigkeit entspricht. Für die Tests verwendeten wir einen Maxon RE 50 mit einem Neugart-Getriebe vom Typ WPLE40 mit einem Übersetzungsverhältnis von 20:1.

Abb. 2: Prüfstand mit Wirbelstrombremse

Getestete Elektromotoren

Das Team hatte ursprünglich geplant, alle verfügbaren Elektromotoren (Maxon) zu testen (siehe Datenblätter in den Tabellen 1 bis 6). Allerdings reichte die Zeit nur aus, um ein Wirkungsgradkennfeld zu ermitteln. Daher wurde ausschließlich der Maxon-Motor RE 40 (Tabelle 1) in Verbindung mit dem Getriebe des Typs GP 42 C vom gleichen Hersteller (Tabelle 3) getestet.

Maxon RE40

Nennspannung

24 V

Leerlaufdrehzahl

7580 U/min

Leerlaufstrom

137 mA

Nennstrom

6 A

Abschlusswiderstand

0,299 Ω

Anschlussinduktivität

0,082 mH

Drehmomentkonstante

30,2 mNm/A

Drehzahlkonstante

317 U/min/V

Rotorträgheitsmoment

142 g·cm2

Thermischer Widerstand Gehäuse-Luft

4,7 K/W

Thermischer Widerstand Wicklung-Gehäuse

1,9 K/W

Thermische Zeitkonstante der Wicklung

41,5 s

Thermische Zeitkonstante des Motors

809 s

Grenzdrehzahl

12000 U/min

Gewicht

480 g

Maximale Effizienz laut Datenblatt

91 %

Maxon RE50

Nennspannung

24 V

Leerlaufdrehzahl

5950 U/min

Leerlaufstrom

236 mA

Nennstrom

10.8 A

Abschlusswiderstand

0,103 Ω

Anschlussinduktivität

0,072 mH

Drehmomentkonstante

38.5 mNm/A

Drehzahlkonstante

248 U/min/V

Rotorträgheitsmoment

536 g·cm2

Thermischer Widerstand Gehäuse-Luft

3,8 K/W

Thermischer Widerstand Wicklung-Gehäuse

1,2 K/W

Thermische Zeitkonstante der Wicklung

71.7 s

Thermische Zeitkonstante des Motors

1370 s

Grenzdrehzahl

9500 U/min

Gewicht

1100 g

Maximale Effizienz laut Datenblatt

94 %

Maxon GP42C

Maximale Drehzahl

8000 U/min

Mögliches Dauerdrehmoment

7,5 Nm

Maximales Drehmoment

11,3 Nm

Übersetzung

26:1

Rotorträgheitsmoment

9,1 g·cm2

Gewicht

360 g

Maximale Effizienz laut Datenblatt

81 %

Neugart WPLE040-20

Maximale Drehzahl

18000 rpm

Mögliches Dauerdrehmoment

8 Nm

Maximales Drehmoment

12 Nm

Übersetzung

20:1

Rotorträgheitsmoment

32 g·cm2

Gewicht

600 g

Maximale Effizienz laut Datenblatt

88 %

Neugart WPLE040-25

Maximale Drehzahl

18000 rpm

Mögliches Dauerdrehmoment

8 Nm

Maximales Drehmoment

12 Nm

Übersetzung

25:1

Rotorträgheitsmoment

32 g·cm2

Gewicht

600 g

Maximale Effizienz laut Datenblatt

88 %

Projektbezogene Problematiken

Thermische Probleme

Aufgrund der kontinuierlichen Tests bestand die Möglichkeit, dass der Temperaturanstieg im Gleichstrommotor Schäden verursachen könnte. Deshalb wurde unter Berücksichtigung der Angaben im Maxon-Datenblatt ein Simulink-Modell erstellt, um die maximale Zeit bis zum Erreichen der zulässigen Höchsttemperatur sowohl der Wicklung als auch des Gehäuses zu ermitteln.

Das Motormodell wurde bewusst einfach gehalten und basiert auf den elektrischen und mechanischen Gleichungen des Motors im Laplace-Bereich. Es beinhaltet einen vorläufigen mechanischen Wirkungsgrad und simuliert sowohl den getesteten als auch den bremsenden Motor. Dann verwendeten wir zwei PI-Regler, um den Strom für den getesteten Motor und die Drehzahl der Bremse einzustellen (die auch die Drehzahl des Motors eindeutig bestimmt).

Die Differenz zwischen elektrischer und mechanischer Leistung wurde als erzeugter Wärmestrom Φ definiert. Dieser Wert dient als Eingangsgröße für das thermische Modell. Mit den Datenblattwerten für den Wärmewiderstand P und die Zeitkonstante P konnten wir die folgende Temperaturgleichung aufstellen:

Die Temperatur 𝜗 ist definiert durch:

\[\vartheta= \frac{r_{\vartheta}}{1+\tau_{\vartheta} \cdot s}\cdot \phi+ \vartheta_0 \]

Diese Gleichung wird für die Wicklung (Widerstand zwischen Wicklung und Gehäuse) und für das Gehäuse (Widerstand zwischen Gehäuse und Umgebung) verwendet. Das kritische Element ist dabei natürlich die Wicklung.

Die Simulationen ergaben, dass die maximale Temperatur von 150 °C nur bei einem Strom von 14 A und hohen Drehzahlen erreicht wird. In der Praxis verwenden Testingenieure weder einen Strom von 15 A noch überhaupt Ströme über 11 A. Da wir diese Bedingung nicht getestet hatten, erfassten wir die Daten ohne Berücksichtigung der Zeit.

Um den Temperatureffekt dennoch zu erfassen, setzten wir während der Tests zwei Thermoelemente zur Messung der Temperatur des Gleichstrommotors und des Getriebes ein (Abb. 4). Zusätzlich verwendeten wir ein Gebläse, um den Antriebsstrang zu kühlen und die Versuchsanordnung zu stabilisieren. Die Gebläsedrehzahl wurde manuell durch Anpassung der Versorgungsspannung geregelt.

Abb. 3: Der Prüfstand mit dem Gleichstrommotor

Mechanischer Aufbau

Aus mechanischer Sicht bestand das Ziel darin, den Motor und die Lasten mit dem Drehmomentmessgerät zu koppeln und sie angemessen zu lagern. Die wesentlichen Randbedingungen betrafen das Drehmomentmessgerät selbst, den Achsabstand seiner Halterung sowie die Montagehöhe. Wir positionierten seine Welle stabil in einer definierten Position und Ausrichtung (Abb. 5).

Abb. 4: Mechanischer Aufbau für das Drehmomentmessgerät

Halterungsdesign

Aufgrund der Inline-Anordnung beschlossen wir, zwei Aluminiumprofile als Prüfstandsbasis zu verwenden, um den Achsabstand der Halterungen festzulegen, die dazu dienen, die Achsen der Wellen auf gleicher Höhe zu halten (Abb. 6).

Abb. 5: Prüfstandsbasis

Wir entwickelten drei Haupthalterungen: eine für den getesteten Elektromotor und zwei weitere für die unterschiedlichen Lasttypen. Aus Zeit- und Kostengründen fertigten wir sie mittels 3D-Druck aus Polylactid (PLA).

Abb. 6: Halterung für Maxon RE 40 und Maxon GP 42 C Abb. 7: Halterung für Wirbelstrombremse Abb. 8: Halterung für Maxon RE 50 Abb. 9: Halterung für Neugart WPLE040

Unter zwei Halterungen brachten wir drei Aluminiumblöcke an, um sie zu verkleinern und die Druckzeit zu reduzieren. Die Aluminiumblöcke hatten eine Höhe von 55,5 mm, so dass die Achshöhe der Motorhalterungen 56,5 mm betrug.

Kupplung

Die Wellen der verschiedenen Komponenten wurden mit Klauenkupplungen vom Typ PHE L075HUB verbunden – einer Standard-Klauenkupplungsnabe mit Vollbohrung von SKF. Diese Kupplung gewährleistete die Eignung des Bohrungsdurchmessers und der Passfedernut für eine zuverlässige Drehmomentübertragung.

PHE L075HUB

Maximale Drehzahl

11000 U/min

Nenndrehmoment (Nitrilelement)

11.9 N·m

Nennbohrung

6,35 mm

Maximale Bohrung

24 mm

Wie aus Tabelle 7 und den für die Passfedernuten zulässigen Drehmomenten hervorgeht, ist diese Art von Verbindung für die vorliegende Anwendung geeignet.

Das zulässige Drehmoment Mt für die Passfedernut wurde mit folgender Gleichung berechnet:

\[M_t = \frac{lh}{2} \frac{d}{2} p_{max}\]

Dabei ist pmax der maximal zulässige Druck, d ist der Wellendurchmesser, und l und h sind die Länge bzw. Höhe der Passfedernut.

Zur Einhaltung der notwendigen Toleranzen wurden technische Zeichnungen aus den Datenblättern konsultiert. Besonders wichtig waren dabei:

  • Innendurchmesser der Naben

  • Abmessungen und Toleranzen der Passfedernuten gemäß UNI 6604 Abb. 10 zeigt ein Beispiel für die Fertigung einer Kupplungsnabe.

Abb. 10: Beispiel für die Fertigung einer Kupplungsnabe

Elektrischer Aufbau

Die Stromversorgung des Elektromotors erfolgte über ein Netzteil, das auf 6 A bei 30 V begrenzt war (siehe Abb. 11). Um höhere Leistungen bereitzustellen, schalteten wir das Netzteil parallel zu einem Superkondensator-Modul (SC-Modul), wobei der angestrebte Arbeitspunkt bei 15 A bei 30 V lag. Die Superkondensatoren fungierten dabei als Puffer und ermöglichten es dem Motor, für eine begrenzte Zeit eine höhere Leistung abzurufen.

Das SC-Modul bestand aus zehn in Reihe geschalteten Kondensatoren des Typs DSF607Q3R0 von Cornell Dubilier (technische Daten siehe Tabelle 8).

Abb. 11: Schematische Darstellung des Versuchsaufbaus

Cornell Dubilier DSF607Q3R0

Einzelspannung

3 V

Gesamtspannung

30 V

Einzelkapazität

600 F

Gesamtkapazität

60 F

Äquivalenter Serienwiderstand
(einzeln)

3.5 mΩ

Äquivalenter Serienwiderstand
(Modul)

35 mΩ

Energiedichte

9.15 Wh/kg

Der PMDC-Motor wurde über die gleiche Steuerplatine angesteuert, die auch im IDRAzephyrus-Prototyp verwendet wird. Die Regelung des Motors erfolgte durch ein Pulsweitenmodulationssignal (PWM-Signal), das von einer Halbbrücken-MOSFET-Schaltung erzeugt wurde. Aufgrund von Hardware-Beschränkungen war das maximale PWM-Tastverhältnis auf 95 % begrenzt. Dadurch wurde der Motor mit maximal 95 % der SC-Spannung versorgt, was einer durchschnittlichen Spannung von 28,5 V entspricht.

Da der vom Netzteil gelieferte Strom begrenzt war, kam es zu einem Spannungsabfall im SC-Modul. Zusammen mit der PWM-Begrenzung führte dies zu einer Spannungssättigung. Folglich konnten wir den Motor nur bis zu einer begrenzten Zielgeschwindigkeit testen, was es unmöglich machte, das vollständige Wirkungsgradkennfeld zu erfassen.

Anbindung an das Datenerfassungssystem

Bei der Projektplanung wurden die folgenden zu erfassenden Parameter festgelegt:

  • Motorspannung

  • Motorstrom

  • Netzteilspannung

  • Motordrehmoment

  • Motordrehzahl

  • 2 Thermoelemente

Das Datenerfassungssystem (DAQ-System) führte die Spannungsmessungen intern durch. Zur Bereitstellung der Spannungen für das DAQ-System benötigten wir ein DB9-Kabel, wobei für die Spannungsmessung die Pins In+ und In- verwendet wurden. Die Daten in Tabelle 9 entstammen dem Handbuch des DAQ-Systems.

Tabelle 8: Eigenschaften der DAQ-Eingangs-/Ausgangsanschlüsse
PinNameE/ABeschreibung
1Exc+A, LeistungSensorversorgung, Erregung +
2In+E, SignalSensorausgang +
3Sns-E, SignalSense -
4AGNDIAnaloge Masse
5Reser.I/OReserviert / nicht angeschlossen
6Sns+E, SignalSense +
7In-E, SignalSensorausgang -
8Exc-A, LeistungSensorversorgung, Erregung -
9Reser.I/OReserviert / nicht angeschlossen

Der Strom wurde mit einem von Dewesoft bereitgestellten Stromzangensensor gemessen. Dewesoft lieferte auch die Thermoelemente und den von uns verwendeten Spezialadapter. Die Drehmoment- und Geschwindigkeitsdaten wurden über einen BNC-Stecker erfasst, der mittels eines proprietären Adapters auf DB9 umgewandelt wurde.

Abb. 12: Experimenteller Versuchsaufbau

Datenerfassung und -analyse

Dewesoft stellte uns das vielseitige und leistungsstarke Datenerfassungssystem SIRIUS Modular zur Verfügung. SIRIUS bietet High-End-Signalaufbereitungsverstärker für fast alle Signal- und Sensortypen und zeichnet sich durch einen hohen Dynamikbereich (160 dB) und galvanische Trennung aus.

Alle SIRIUS-Geräte sind mit der Datenerfassungssoftware DewesoftX ausgestattet. Während der Tests nutzten wir die beiden Hauptbetriebsmodi der Software:

  • Messen: In diesem Modus können nicht nur die Logging-Parameter durch Anpassung der verschiedenen Kanäle im Datenerfassungssystem personalisiert, sondern auch die Datenkonvertierung und die Linearität des angeschlossenen Sensors konfiguriert werden. Zudem dient dieser Modus zum Speichern der Messdaten während eines Tests. Darüber hinaus können in diesem Modus verschiedene Berechnungen durchgeführt werden, um neue Kanäle zu erzeugen, deren Werte durch eine zeitbasierte Analyse des Signals des Datenerfassungssystems ermittelt werden. Dabei werden einige Näherungen vorgenommen, darunter die Berechnung des Effektivwerts (RMS) und die Anpassung der Abtastfrequenz. Außerdem können weitere Kanäle durch mathematische Berechnungen definiert werden.

  • Analyse: Dieser Modus ermöglicht die nachträgliche Analyse des Verhaltens aufgezeichneter Kanäle anhand verschiedener Diagramme und Anzeigen.

Im Analysemodus lassen sich über die Datendateiseite der Software frühere, im Messmodus aufgezeichnete Daten laden. Diese stehen in verschiedenen Dateiformaten wie Matlab, .csv, .txt und .dat zur Verfügung.

Nachdem wir die zu analysierenden Daten ausgewählt hatten, konnten wir im Konfigurationsbereich (Setup) die Sensordaten konvertieren, da die Software sie auch als analoge Rohdaten speichert.

Auf dieser Seite ist es möglich, einen Kanal mit einer spezifischen Messeinheit zu verknüpfen und Maximal-, Minimal- und Offset-Werte festzulegen, so dass der Sensor linearisiert werden kann. Außerdem kann die exportierte Abtastfrequenz angepasst werden, da sie von der ursprünglichen, in diesem Modus festgelegten Frequenz abweichen kann. Darüber hinaus können auf Grundlage bereits vorhandener Kanäle neue Kanäle erstellt werden.

Die erfassten Daten können auf der Analyse-Seite in verschiedenen Darstellungsmodi – von numerischen Anzeigen über analoge Anzeigen bis hin zu verschiedenen Diagrammtypen – visualisiert werden.

Schließlich können über die Seiten Drucken und Export sowohl Daten (Abb. 14) als auch Graphen (Abb. 15) ausgedruckt oder in anderen Formaten exportiert werden.

Abb. 13: Datendatei-Übersicht im DewesoftX-Analysemodus
Abb. 14: DewesoftX: Daten im Analysemodus

Ergebnisse des ersten Tests

Die erste Testreihe führten wir mit einem Motor des Typs Maxon RE 40 durch, der mit einem Getriebe des Typs Maxon GP 42 C verbunden war.

Zunächst verwendeten wir einen Testaufbau, bei dem die Last über eine Wirbelstrombremse aufgebracht wurde. Das Problem bestand darin, dass es aufgrund der Erwärmung des Motors und des dadurch erhöhten Innenwiderstands schwierig war, die Drehzahl rechtzeitig und stabil zu regeln.

Aus diesem Grund entschieden wir uns schnell für einen zweiten Testaufbau, bei dem die Last über den mit einem Neugart WPLE040-20-Getriebe  verbundenen Maxon-RE-50-Motor auf die Welle aufgebracht wurde. Wir steuerten den Motor, indem wir die Spannung aus der Gegen-EMK, die infolge der Rotationsgeschwindigkeit des Motors entsteht, begrenzten.

Diese Steuerung führte zu besseren Ergebnissen, da die elektronische Last den Strom automatisch regelte, um die Drehzahl der Welle zu stabilisieren. Die Daten wurden mit DewesoftX erfasst, wobei ein konstanter Strom von 7 A bis 10 A an den getesteten Motor angelegt wurde. Zusätzlich wurden Daten bei 4 A mit einer Wirbelstrombremse als Last aufgezeichnet. Die Drehzahl wurde im Bereich von 8000 U/min bis 1000 U/min in Schritten von 500 U/min für jeweils 10 Sekunden stabilisiert. Die Ergebnisse sind in Abb. 15 bis 18 dargestellt.

Abb. 15: Test bei 7 A
Abb. 16: Test bei 8 A
Abb. 17: Test bei 9A
Abb. 18: Test bei 10 A

Für die Analyse exportierten wir die Daten mithilfe von DewesoftX in ein MATLAB-kompatibles Format, um sie mit Fahrversuchsdaten und den mit Simcenter Amesim durchgeführten Simulationen zu vergleichen. Dabei setzten wir diese Daten in Bezug zu den Datenblättern des Motors und des Getriebes.

Anschließend analysierten wir die Daten, um das Verhalten gemäß der Gleichung für Elektromotoren zu verstehen:

\[\frac{dl}{dt}=\frac{V-R\cdot I - k \cdot \omega}{L}\]

Insbesondere untersuchten wir die Gleichung unter zwei unterschiedlichen Betriebsbedingungen:

  • Rein elektrisches Verhalten bei niedriger Drehzahl (unter Vernachlässigung der magnetischen Komponente):

\[\frac{dl}{dt}=\frac{V-R\cdot I}{L}\]
  • Reines magnetisches Verhalten bei hoher Drehzahl (unter Vernachlässigung der elektrischen Komponente gegenüber dem durch die Drehzahl erzeugten Feld):

\[\frac{dl}{dt}=\frac{V-k\cdot \omega}{L}\]

Es ist zu beachten, dass eine Spannung von etwa 10 V in allen Fällen auf einen Innenwiderstand hindeutet, der etwa dreimal so hoch ist wie der im Datenblatt angegebene Wert.

Das Hauptproblem bestand darin, dass der Widerstandseinfluss bei niedriger Drehzahl nachweisbar war, bei hoher Drehzahl jedoch nicht – was auf eine fehlerhafte Datenaufzeichnung hindeutete.

Wir stellten zudem eine Diskrepanz zwischen der vom Netzteil bereitgestellten und der dem Motor zugeführten Leistung fest, die etwa 20 % des Wirkungsgrads der Platine entsprach.

Diese Wirkungsgradangabe kann jedoch nicht korrekt sein, da sie mit einer erhöhten Temperatur einhergehen müsste, die jedoch nicht festgestellt wurde.

Abb. 19: Mitglieder des H2politO-Teams mit den Dewesoft-Messexperten während des gemeinsamen experimentellen Tests

Ergebnisse des zweiten Tests

Wir führten eine weitere Testreihe mit einem anderen Motor und einer aktualisierten Prüfstandskonfiguration durch.

Um die Motoren präziser zu testen, entwickelten wir einen Code, der die maximale Spannung an der elektronischen Last nach einer bestimmten Zeit automatisch reduziert.

Für den neuen Motortest verwendeten wir einen Maxon RE 40 in Kombination mit einem Maxon-GP-52-C-Getriebe. Vor dem Test wurden auf unserer Seite Daten erfasst, um die Messung des Innenwiderstands bei blockierter Motorwelle abzuschließen sowie die angelegte Spannung und den Stromfluss zu untersuchen. Dabei ermittelten wir einen Innenwiderstand von etwa 0,5 Ω.

Dann testeten wir den Motor auf dem Prüfstand mit Strömen von 4 A bis 10 A und Drehzahlen von 8000 U/min bis 1000 U/min in 500-U/min-Schritten.

Für jeden Messpunkt berechneten wir den Wirkungsgrad η des Motors, der sich aus der angelegten Spannung V, dem zugeführten Strom I und dem bei einer bestimmten Winkelgeschwindigkeit ω erzielten Drehmoment T ergibt:

\[\eta = \frac{T/i}{k \cdot I}\]

Die Wirkungsgradkurve des Antriebsstrangs ist in Abb. 20 dargestellt.

Abb. 20: Wirkungsgrad des Antriebsstrangs

In einer weiteren Analyse bestimmten wir den Wirkungsgrad des Motors ηm unter Vernachlässigung der Joule-Verluste und bei konstantem Innenwiderstand (Abb. 22). Dabei bezeichnet k die Drehmomentkonstante (in N∙m/A), die numerisch der Geschwindigkeitskonstanten V (in rad/s) entspricht:

\[\eta = \frac{T/i}{k \cdot I}\]
Abb. 21: Motorwirkungsgrad

Die Untersuchungen ergaben einen als ideal konstant angenommenen Reibmomentwert für den Motor und ein Wirkungsgradkennfeld für das Getriebe in Abhängigkeit von Drehmoment und Drehzahl, sowie einen Schätzwert für den elektrischen Widerstand des Motors.

Das ermittelte Reibmoment betrug 0,15 N∙m, was noch durch spezifischere Tests verifiziert werden muss. Der Getriebewirkungsgrad (Abb. 23) wurde unter Berücksichtigung dieses Reibmoments mittels der folgenden Gleichung ermittelt:

\[\eta = \frac{T/i}{k \cdot I - 0.15/i}\]
Abb. 22: Getriebewirkungsgrad

Das Wirkungsgradkennfeld des Getriebes lässt sich durch die folgende angepasste Gleichung beschreiben:

𝜂𝑡 = 0.8633 − 6.844 ∙ 10−3 ∙ (𝑖 ∙ 𝑘 ∙ 𝐼 − 0.15) + 2.051 ∙ 10−5 ∙ 𝜔

Abschließend bestimmten wir den Innenwiderstand des Elektromotors anhand der folgenden Gleichung:

\[R = \frac{V - k \cdot \omega}{I}=0.481\]

Fazit – Nutzung der Daten

Wir nutzten die aus den Tests gewonnenen Daten, um das Amesim-Modell des IDRAzephyrus zu verbessern. Dazu passten wir die Werte für den Leerlaufstrom des Motors entsprechend dem ermittelten Reibmoment sowie den Innenwiderstand auf 0,481 Ω an. 

Anschließend modellierten wir den Getriebewirkungsgrad anhand des mit den Testdaten erstellten Kennfelds. Dieses Modell wurde dazu verwendet, den Wirkungsgrad in Abhängigkeit von der Drehzahl und dem Drehmoment auf der Motorseite zu jedem Zeitpunkt dynamisch zu bestimmen.

Der Vergleich mit den tatsächlichen Leistungsdaten zeigt, dass diese Datenerfassung die Vorhersagegenauigkeit des Energieverbrauchs und der Motorleistung während der Simulation des Shell-Eco-Marathon-Rennens mit dem IDRAzephyrus erheblich verbessert.

Die Abb. 24 und 25 zeigen die Vergleiche der Drehzahlen sowie der SC-Ladung und -Entladung.

Abb. 23: Vergleich der Drehzahlen
Abb. 24: Vergleich der SC-Ladung und -Entladung