Gabriele Ribichini

Dienstag, 21. Mai 2024 · 0 min read

by Talete SpA

Prüfung von Wechselrichtern im Zusammenhang mit Problemen im Motoranschlusskasten

Sind Wechselrichter die Ursache für verbrannte Motoranschlussblöcke in einer Wasserversorgungsanlage?

Nach der Installation von Wechselrichtern kam es in einer Produktionsanlage eines unserer Kunden zu häufigen Motorausfällen. Scheinbar brachten die Wechselrichter einige versteckte Phänomene mit sich, die das Problem verursachten, aber was konnte man unternehmen? 

Man war kurz davor, zu einer 50-Hz-Standardstromversorgung zurückzukehren, um den Schaden zu begrenzen, als man mithilfe von Dewesoft-Technologie erkannte, dass eine einfache Messingmutter im Motoranschlussblock für das Problem verantwortlich war.

Hatten Sie auch schon einmal Probleme nach der Installation von Wechselrichtern in Ihrer Elektroanlage?

Anders als 50-Hz-Standardnetz-Stromquellen sind Pulsdauermodulations-(PWM-)Wechselrichter dazu geeignet, asynchrone Wechselstrommotoren mit variabler Drehzahl zu betreiben. Wechselrichter wandeln die Wechselstromnetzleistung für den Motor in eine Gleichstromleistung um und liefern am Wechselrichterausgang ein PWM-Leistungssignal, das zur Versorgung von Induktionsmotorwicklungen verwendet wird.

Im Gegensatz zu reinen Sinus-Wechselrichtern können sie einerseits zwar deutliche Energieeinsparungen bringen, andererseits aber, da sie zahlreiche Oberschwingungen erzeugen, aufgrund der Auswirkungen von Hochfrequenzphänomenen auf das Netz (schlechte Netzqualität) auch schwierig zu behebende Probleme, wie Temperaturerhöhungen, Lagerschäden, Vibrationen und Geräusche, verursachen. 

Es ist erwiesen, dass herkömmliche Messgeräte oft blind für die Ausgangsfrequenzen von Wechselrichtern sind; daher sollten Sie, wenn sie es mit Wechselrichtern zu tun haben, eine gute Brille tragen!

Das Kundenproblem – Brände am Motoranschluss

In einer Wasserversorgungsanlage von Talete SpA kam es nach der Installation von Wechselrichtern häufig zu Bränden an den Anschlussblöcken der Asynchronmotoren, mit denen die Pumpen angetrieben werden. Die Techniker machten dafür das neue PWM-Stromversorgungssystem verantwortlich und wollten zur direkten 50-Hz-Netzstromversorgung zurückkehren.

Der technische Leiter wollte aber zunächst den Grund für diese elektrische Störung verstehen. Die Nichtverwendung der Wechselrichter hätte die getätigte Investition völlig zunichte gemacht und die Rückkehr zu einem konstanten Stromverbrauch auch bei niedrigen Übertragungsraten bedeutet. Keine sehr gute Idee!

Talete SpA ist ein vollständig öffentliches italienisches Unternehmen unter Aufsicht lokaler Behörden und Gemeinden und der Provinz Viterbo. Es kontrolliert den kompletten Frischwasserzyklus von der Trinkwasserversorgung bis zur Verwaltung von Klär- und Kanalisationsanlagen. Darüber hinaus führt es Forschungs-, Beratungs- und Unterstützungsaufgaben durch und widmet sich dem Schutz, der Überwachung und der Sanierung von Gewässern.

In den Einrichtungen des Unternehmens sind Elektromotoren, Anlasser, Wechselrichter und Pumpen aller Art zu finden, für die Dewesoft verschiedenste Anwendungen von der Rotationsmaschinenanalyse bis hin zur Netzqualitätsmessung bietet.

Der Bolsenasee, der größte Kratersee Europas, liefert Trink- und Bewässerungswasser

In einer der Wasserhebeanlagen des Unternehmens werden zwei 315-kW-Elektromotoren dazu benutzt, Frischwasser aus dem Bolsenasee in die rund 400 Meter über dem Seespiegel gelegene Stadt Montefiascone zu fördern.

Diese Pumpen waren früher direkt aus dem Netz mit dreiphasigem 50-Hz-Drehstrom angetrieben worden, bis man vor Kurzem im Rahmen einer Systemerneuerung PWM-Steuerungssysteme auf Wechselrichterbasis installierte, um eine effizientere Kontrolle des Wasserflusses zu ermöglichen. 

These pumps used to be powered directly from the 3-phase grid at 50Hz until a recent system upgrade introduced PWM inverter-based control systems to allow more efficient control of the water flow. 

Einer der beiden elektrischen Wasserpumpenmotoren

Nach dieser Änderung kam es an den Motoranschlussblöcken häufig (mindestens ein- bis zweimal pro Jahr) zu Übertemperaturstörungen, die beträchtliche Schäden verursachten und den Austausch der gesamten Verkabelung vom Motor zum jeweiligen Wechselrichter erforderlich machten.

Da dieses Problem zuvor nicht beobachtet worden war, rückten die Wechselrichter und die Auswirkungen der Hochfrequenzmotorsteuerung (PWM) ins Zentrum der Aufmerksamkeit.
Systeme dieser Art erzeugen nämlich zahlreiche Oberschwingungen, die mitunter unerwartete Phänomene verursachen.

Die Wechselrichter im Talete-Pumpwerk sind für einen breiten Leistungs- und Spannungsbereich ausgelegt

Hochgenaue Leistungsmessung in einem breiten Frequenzbereich

Standard-Elektromesssysteme sind aufgrund ihrer begrenzten Fähigkeit zur Analyse von Hochfrequenzsignalen nicht dafür ausgelegt, alle Leistungsphänomene zu erfassen, die bei der Kopplung von Wechselrichtern mit einem Motor auftreten können. Daher tappten die Techniker im Dunkeln und konnten kein Problem in diesem System ausfindig machen.

High-End-Testsysteme hingegen sind meist für Labortests konzipiert, und die Techniker wollten sie aufgrund ihrer Anfälligkeit und Nutzungskomplexität nicht gerne im Feld einsetzen. 

Einige dieser Testsysteme – die sogenannten Leistungsanalysatoren – liefern Ergebnisse von Leistungsberechnungen, die über mehrere (in der Regel 10) Zyklen gemittelt werden, bieten jedoch nicht die Möglichkeit zur Aufzeichnung von Rohwellenformen, die sehr wichtig sind, um transiente Phänomene zu verstehen, die Messungen zu überprüfen und Leistungsparameter neu zu berechnen, wenn während der Datenanalyse Anpassungen erforderlich sind.

Sogar die Genauigkeit von Messungen und Berechnungen ist häufig ein Problem. Für die auf dem Markt befindlichen Systeme wird zwar oft mit einer sehr hohen Messgenauigkeit geworben, sie sind aber so konzipiert, dass sie bei 50 Hz ihre beste Leistung erbringen.

Beim Einsatz von Wechselrichtern ist zu berücksichtigen, dass zahlreiche hochfrequente Oberschwingungen erzeugt werden, weshalb das Messgerät so konzipiert sein muss, dass es gute Messleistungen nicht nur bei 50 Hz, sondern in einem breiten Frequenzbereich bietet.

Bei einem normalen industriellen Wechselrichter, wie ihn Talete in diesem System verwendete, kann die Schaltfrequenz 20 kHz oder mehr betragen; das bedeutet, dass man für die Analyse von nur 10 Oberschwingungen ein Gerät mit einer analogen Bandbreite von mindestens 200 kHz benötigt, die mit einer Abtastfrequenz von rund 500 kHz oder mehr erreicht werden kann.

Die Dewesoft-Messlösung

Dewesoft verfügt über sehr gute Datenerfassungshardware- und -softwarelösungen für diese Art von Messungen.

Die SIRIUS-Datenerfassungsfamilie von Dewesoft umfasst die Hochgeschwindigkeitsversion (HS), die einen 16-Bit-A/D-Wandler nutzt, der in der Lage ist, Signale mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1 MS/s zu lesen. Dies resultiert in einer analogen Bandbreite von etwa 460 kHz, die ausreicht, um 20 Oberschwingungen eines typischen industriellen Wechselrichters zu analysieren. 

Die Spannungs- und Stromverstärker von Dewesoft

Die Kombination von Hardware und Software ermöglicht eine unvergleichliche Genauigkeit. Selbst das bekannteste System auf dem Markt kann bei der Analyse einer Stromversorgung mit breitem Frequenzbereich nicht mit Dewesoft mithalten.

Anders als bei normalem Wechselstrom ist bei Wechselrichtern nicht nur ein 50-Hz-Sinussignal zu analysieren.

Die in die Hoch- und Niederspannungseingänge integrierten SIRIUS-Hochgeschwindigkeitsverstärker setzen neue Maßstäbe bei der Messgenauigkeit

Diese hohen Leistungsmerkmale sind in ein kompaktes, robustes und tragbares System integriert, das speziell für den Transport und den einfachen und sicheren Einsatz im Feld konzipiert wurde. Eigenschaften wie die vollständige Isolierung und die automatische Konfiguration von Stromsensoren können bei der Durchführung von Messungen vor Ort mit – im Vergleich zu einer Prüflaborumgebung – unbequemen Setups und begrenzten Testzeiten von entscheidender Bedeutung sein.

Messanordnung am Motor mit dem SIRIUS-Datenerfassungssystem und Dewesoft-Software

Die Messergebnisse

Zur Aufdeckung der Probleme analysierten wir die Stromquelle des Motors in allen üblichen Einsatzszenarien. Dabei wurden Wellenformen und Leistungsparameter berechnet und für eine spätere eingehende Analyse gespeichert.

Die 3-Phasen-Dreieckschaltung des Motors

Der Motor war in eine dreiphasige Dreieckschaltung geschaltet, und die Software wurde für die Berechnung aller typischen Leistungs- und Netzqualitätsparameter entsprechend gemäß EN50160 und IEC61000 konfiguriert.

Die Messkonfiguration in der Datenerfassungssoftware DewesoftX erlaubt die visuelle Auswahl verschiedener Verdrahtungsschemata – hier eine 3-Phasen-Dreieckschaltung
Die Grafik zeigt die von ihren jeweiligen Strömen überlagerten drei Netzspannungen

Die Messungen ergaben, dass die drei Netzspannungen von ihren jeweiligen Strömen überlagert werden. Bei der Verwendung eines Wechselrichters ist es normal, dass stark verzerrte Spannungssignale zu beobachten sind, da aus der Gleichstromleistung unter Nutzung der Pulsdauermodulation (PWM) Sinuswellen gebildet werden.

Dewesoft ist auch in der Lage, dieses Phänomen mit Hilfe von Oberschwingungsanzeigen darzustellen, wobei die tatsächliche Netzgrundfrequenz gemessen wird und ihre Oberschwingungsbeiträge unterdrückt werden.

Dewesoft-Oberschwingungsanzeigen

Berechnete Gesamtwerte:

  • P: 250 kW

  • Q: 184 kvar

  • D: 147 kvar

  • S: 310 kVA

Bei einer Scheinleistung von 310 kVA werden aufgrund der Präsenz einer erheblichen Blindleistung (Q=184 kVAr) nur 250 kW (Wirkleistung) in mechanische Leistung umgewandelt.

Aufmerksame Beobachter werden feststellen, dass die Blindleistung im Wesentlichen auf Verzerrungen (Verzerrungsleistung D=147kVAr) zurückzuführen und keine Auswirkung der Phasenverschiebung ist.

Übertragungsverluste durch Blindleistung

Zwei vorherrschende Oberschwingungen (5. und 7.) verursachen eine Überhitzung der Statorwicklungen und Torsionsschwingungen, die weiter untersucht werden könnten, aber sicher nicht die Ursache für den Ausfall des Anschlussblocks sind.

Obwohl der Motor nicht effizient arbeitet, ist die gemessene Scheinleistung niedriger als die Nennleistung (S=310 kVA < 315 kVA). Zudem ist bekannt, dass die Auswirkungen der harmonischen Verzerrung zwar stark zur Reduzierung der Motorlebensdauer beitragen, aber keine Anschlussblockbrände verursachen. 

Die Grundursachen

Mit Hilfe der Datenerfassungstechnologie von Dewesoft konnten wir schnell nachweisen, dass die Ursache für den Brand des Anschlussblocks sicher nicht mit den Auswirkungen der Wechselrichter auf den Motor zusammenhing.
Also begannen wir, das System zu analysieren, um andere mögliche Grundursachen zu finden.

Das Problem: Die Kabelschuhe der Motorwicklungen hatten keinen direkten Kontakt mit den Kabelschuhen des Wechselrichterkabels

Wir stellten fest, dass die Kabelschuhe der Motorwicklungen KEINEN direkten Kontakt mit den Kabelschuhen des Wechselrichterkabels hatten, da sich zwischen ihnen eine Messingmutter befand.

Beim Betrieb des Motors mit voller Leistung maßen wir an der Messingmutter unter Berücksichtigung aller Oberschwingungen einen Spannungsabfall von ca. 6 Veff bei einer analogen Bandbreite von ca. 460 kHz. 
Bei einem Stromfluss von 450 Aeff pro Phase konnten wir eine Gesamtverlustleistung von etwa 8 kW am Anschlussblock jedes Motors berechnen.
Dieses Phänomen lieferte eine einfache Erklärung dafür, warum es regelmäßig zu Bränden der Anschlussblöcke kam.

Fazit

„Lasst uns diese verdammten Muttern entfernen!“, rief der technische Leiter.
Nach Durchführung dieser einfachen Maßnahme war das Problem gelöst, ohne Kosten und unter Beibehaltung der Wechselrichter für eine effiziente Kontrolle des Wasserflusses.

Einfache Lösung: Entfernung der Muttern

Dabei wurde allen klar, wie wichtig es ist, passende Messinstrumente zu verwenden, wenn man mit Wechselrichtern arbeitet.

In modernen Industrieanlagen sind immer häufiger mit PWM-Wechselrichtern ausgestattete Antriebe anzutreffen, so dass herkömmliche, für Wechselstrom ausgelegte Messsysteme keine zuverlässigen Messungen mehr liefern und diverse einfache Phänomene nicht mehr leicht zu erklären sind.

Eine hohe Bandbreite, eine hochpräzise Messsicherheit weit jenseits von 50 Hz, die Speicherung von Wellenformen und die Portabilität des Systems sind die wichtigsten Eigenschaften für solche Anwendungen.