Montag, 15. April 2024 · 0 min read
Überwachung der an der Wasserstoffversprödung von Metallschrauben beteiligten Kräfte
Im Holzbau werden für Holzverbindungen üblicherweise Metallschrauben oder -bolzen verwendet, und zwar in der Regel Schrauben aus vergütetem Kohlenstoffstahl. Die Vergütung der Schrauben ist für ihre allgemeine Widerstandsfähigkeit gegen Belastungen von Vorteil, macht sie aber auch anfällig für Wasserstoffversprödung. Diese Korrosionsfolge kann ihre Belastbarkeit beeinträchtigen. Ein Forschungsprojekt der Technischen Universität Graz untersucht dieses Phänomen. Dewesoft unterstützt dabei die Ûberwachung der auf die metallischen Werkstoffe wirkenden Kräfte.
Auch ohne die Kombination von Holz und Stahl ist die wasserstoffinduzierte Rissbildung ein wichtiges Problem in Industrien, die hochfeste Legierungen verwenden, die Feuchtigkeit ausgesetzt sind, wie z. B. die Luft- und Raumfahrt-, die Automobil- oder die Öl- und Gasindustrie.
Wasserstoffinduzierte Spannungsrisskorrosion (hydrogen-induced stress corrosion cracking, HISCC) entsteht durch die kombinierte Wirkung von Zugspannung, einer korrosiven Umgebung und der Anwesenheit von Wasserstoff. Dieses Phänomen führt zur Rissbildung im Material, die durch die Wechselwirkung des Wasserstoffs mit belasteten anfälligen Metallstrukturen begünstigt wird.
Gemäß einer Studie der Universität für Bodenkultur in Wien ist der Anteil des Holzbaus an der Gesamtnutzfläche im österreichischen Hochbau zwischen 1998 und 2018 von 14 auf 24 Prozent gestiegen. Fast ein Viertel des Bauvolumens im österreichischen Hochbau wird also mit Holz errichtet.
Holzbauten sind Gebäude, bei denen Holz mehr als die Hälfte der Tragkonstruktion ausmacht. Laut einem Bericht von proHolz Austria, der Vermarktungsorganisation der österreichischen Forst- und Holzwirtschaft, machen der Wohnungsbau und Ein- und Mehrfamilienhäuser 53 Prozent des Holzbaus aus. Die restlichen 47 Prozent entfallen auf öffentliche, gewerbliche, industrielle oder landwirtschaftliche Zweckbauten.
Mit der steigenden Nachfrage nach Holzbauten stellt sich die Frage nach dem Langzeitverhalten der verwendeten Werkstoffe und Werkstoffkombinationen und konkreter danach, welchen Einfluss Holz auf die statische Stabilität von Stahlschrauben hat.
Das Institut für Holzbau und Holztechnologie
Das Institut für Holzbau und Holztechnologie unterstützt Studierende und andere interessierte Personen dabei, ihre Kenntnisse über den Holzbau zu verbessern. Das Institut setzt sich für den nachwachsenden Rohstoff Holz sowie die Entwicklung und Anwendung von Holzwerkstoffen für die Realisierung ökologischer und nachhaltiger Bauten ein.
Sein Lignum Test Center (LTC) hat umfangreiche Erfahrung bei der Testdurchführung auf Basis europäischer und internationaler Prüfnormen und -konfigurationen. Das LTC unterstützt nationale und internationale Unternehmen bei der Erlangung von Produkt- und Systemzulassungen für Märkte in der ganzen Welt. Es bietet die Möglichkeit, entwickelte Modelle zu verifizieren und zu verfeinern sowie offene Fragen aus Lehre und Forschung zu beantworten.
Interaktion von Holz und Stahl – die Problematik
Der pH-Wert der verschiedenen Holzarten liegt zwischen 3,5 und 5, was einem sauren Milieu entspricht. Wenn der Feuchtigkeitsgehalt des Holzes einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, beginnt eine Säurekorrosion, bei der Wasserstoff gebildet wird, der dann in die Schrauben diffundiert und die innere Struktur des Stahls verändert. Dieser Effekt, der als „Wasserstoffversprödung“ oder „wasserstoffinduzierte Spannungsrisskorrosion“ (HISCC) bezeichnet wird, verringert die Zugfestigkeit der Schrauben.
Die HISCC oder Wasserstoffversprödung umfasst in der Regel die folgenden Aspekte:
Wasserstoffaufnahme: Metalle absorbieren atomaren Wasserstoff, wenn sie mit wasserstoffhaltigen Umgebungen in Kontakt kommen. Diese Aufnahme kann bei verschiedenen Prozessen erfolgen, z. B. bei elektrochemischen Reaktionen oder bei Einwirkung von Wasserstoffgas.
Wasserstoffdiffusion: Nach der Aufnahme können die Wasserstoffatome durch das Metallgitter diffundieren. Innerhalb der Metallstruktur kann Wasserstoff die metallischen Bindungen schwächen und die mechanischen Eigenschaften des Materials verändern.
Wasserstoffeinschluss: Wasserstoff neigt dazu, durch bestimmte Mängel oder Störstellen im Metall, wie Versetzungen, Korngrenzen oder andere strukturelle Unregelmäßigkeiten, eingeschlossen zu werden. Solche Einschlüsse können die Wasserstoffkonzentration in bestimmten Bereichen erhöhen und diese anfälliger für Versprödung machen.
Bildung von Mikrorissen: Wasserstoffversprödung kann selbst bei Belastungen, die normalerweise nicht zum Versagen führen würden, die Bildung und Ausbreitung von Mikrorissen in der Metallstruktur begünstigen.
Die TU Graz hat ein Projekt unter dem Namen „SCREW_HISCC“ auf den Weg gebracht, um dieses Phänomen weiter zu untersuchen. Die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG finanziert das Projektkonsortium, ein Joint Venture öffentlicher und privater Partner:
Institut für Holzbau und Holztechnologie der TU Graz
Institut für Werkstoffkunde, Fügetechnik und Umformtechnik der TU Graz
ein Schraubenhersteller
ein Galvanikunternehmen (Anmerkung: Das Projekt analysiert auch die galvanischen Prozesse.)
Belastungsüberwachung – die Lösung
Wir folgten Dipl.-Ing. David Glasner in die Klimakammer, in der das LTC vor einigen Jahren eine Reihe von Tests bei 30 Grad Celsius und 95 Prozent Luftfeuchtigkeit durchführte. Im Moment war das Klima auf 20 °C und 85 % Luftfeuchtigkeit geregelt. Es fühlte sich kühl an, und wir bemerkten einen muffigen Geruch. An der linken Wand befand sich ein seltsamer großer Stahlrahmen mit einer Anordnung von Holzblöcken und Schrauben, die irgendwie einem Kunstwerk ähnelte.
Herr Glasner erklärte:
“Sie sehen hier Prüflinge aus verschiedenen Holzarten, wie Fichte, Eiche und Walnuss. Die selbstbohrenden Holzbauschrauben sind komplett in Holz eingeschraubt, während die Prüfanordnung sie einer ständigen, 80–90 % ihrer maximalen Zugfestigkeit entsprechenden Zugbelastung aussetzt, um ihr Versagen zu forcieren. Das Ganze funktioniert mit einem Hydraulikzylinder, der über ein spezielles Kettensystem läuft und über eine Hydraulikpumpe reguliert werden kann. Man könnte auch Gewichte an jede Schraube hängen, aber so ist der Aufbau viel kompakter”
Verwendete Messausrüstung
DEWE-43: Universelles Datenerfassungssystem für acht Analogeingänge, acht Zählereingänge und zwei CAN-Ports; für viele Messungen durch DSI Adapter erweiterbar, was Lasttests ermöglicht
Profi-Software DewesoftX: Im Lieferumfang der Hardware enthaltenes leistungsstarkes DAQ-Softwarepaket, das die Aufzeichnung und Analyse der Messdaten ermöglicht
Notifier Plugin: Ein Software-Add-on für DewesoftX, das im Fall von Alarmen – etwa beim Überschreiten von Alarmschwellen – Benachrichtigungen per E-Mail oder HTTP-POST versendet
Die Kräfte werden von Dewesofts DEWE-43 ständig überwacht. Dabei kommen 120-Ohm-Vollbrücken-Dehnungsmessstreifen zur Anwendung, die auf zuvor in einer Zwick-Zugprüfmaschine kalibrierten, metrischen Stahlstangen angebracht sind. Es handelt sich übrigens um eine lineare Spannungs-Dehnungs-Beziehung.
Die Messung ist mit Aktualisierungsraten von einem Messpunkt pro Stunde relativ langsam. Die Möglichkeit, schnelle Daten zu einem Triggerereignis mit der Vortriggerzeit zu speichern, erwies sich jedoch als nützlich, z. B. beim Einspannen und Lösen eines Prüflings oder im Falle eines Materialbruchs.
Im Standardbetrieb liegen die Zugkräfte bei etwa 20 kN. Zudem haben die Bediener Alarme für den Fall definiert, dass eine Kraft unter 5 kN registriert wird.
Fazit
Inzwischen ist mehr als ein halbes Jahr vergangen, und bisher hat noch keine Schraube versagt. LTC plant, das Projekt bis zum Ende des Jahres fortzusetzen.
Warum Dewesoft? Als es Probleme mit Lieferzeiten gab, machte jemand das LTC auf Dewesoft aufmerksam. Herr Glasner sagt: „Der Support ist sehr hilfreich, und die Software hat mir sofort gefallen. Sie ist benutzerfreundlich, und man findet sich sehr schnell mit ihr zurecht.“
Ein weiterer Grund für die Entscheidung war das Notifier Plugin für die DewesoftX Software. Notifier ist ein Add-on-Modul für den Versand von Benachrichtigungen per E-Mail oder HTTP-POST. Herr Glasner ist auch hiermit sehr zufrieden: „Wir können den Test jetzt unbeaufsichtigt ablaufen lassen, und wenn eine Anomalie auftritt, werden wir sofort per E-Mail benachrichtigt.“