Emanuele Burgognoni

Montag, 24. Juni 2024 · 0 min read

by 2MG and Co.Ma.Te.C

Modalanalyse der Kathedrale von Crotone

Die Kathedrale von Crotone steht in der erdbebengefährdeten italienischen Region Kalabrien. Die Strukturüberwachung hilft, dieses historische Baudenkmal vor Schäden durch seismische Ereignisse zu schützen, indem sie Bodenbewegungen und Schwingungen erkennt, die auf Risiken hinweisen könnten.

Die Modalanalyse liefert ein dynamisches Bild der strukturellen Antwort des Bauwerks auf Schwingungen. Die Baudienstleister 2MG und Co.Ma.Te.C. setzten auf eine Modalanalyse-Lösung von Dewesoft.

Kalabrien ist eine seismisch aktive Region, in der mit Erdbeben zu rechnen ist. In Anbetracht der historischen und kulturellen Bedeutung der Kathedrale ist ihre Überwachung zum Schutz vor Schäden durch seismische Ereignisse unerlässlich. Überwachungssysteme können Bodenbewegungen und Schwingungen erkennen, die auf Schadensrisiken durch Erdbeben hinweisen könnten. Die Modalanalyse ihrerseits liefert ein dynamisches Bild der Reaktion des Bauwerks auf Schwingungen.

Eine Marmortafel erinnert daran, dass die Kathedrale, die der heiligen Jungfrau Maria gewidmet ist, im Jahr 1686 fertiggestellt wurde. Sie stellt somit ein bedeutendes kulturelles und historisches Baudenkmal dar, dessen strukturelle Integrität permanent analysiert werden muss, wenn es für künftige Generationen erhalten und bewahrt bleiben soll.

Abb. 1: Luftaufnahme der Kathedrale von Crotone

Die Kathedrale – ein Stück Geschichte

Die Kathedrale von Crotone, auch bekannt als Kathedralbasilika Mariä Himmelfahrt, zählt zu den wichtigsten Gotteshäusern der in der italienischen Region Kalabrien an der Adriaküste gelegenen Provinzhauptstadt.

Die Geschichte der Kathedrale geht auf das 12. Jahrhundert zurück, als Anwohner an ihrem Standort eine romanische Kirche errichteten. Seitdem wurde das Bauwerk im Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgebaut und erweitert. Im 16. Jahrhundert – die Region stand damals unter spanischer Herrschaft – erfuhr die Kirche bedeutende Veränderungen im Stil der Renaissance, denen das Gebäude im Wesentlichen sein heutiges Aussehen verdankt.

Einer der wichtigsten Momente in der Geschichte der Kathedrale von Crotone war das Erdbeben von 1638, das erhebliche Schäden am Bauwerk verursachte. Der folgende Wiederaufbau und die Restaurierung führten zu weiteren architektonischen Veränderungen.

Abb. 2: Überkuppelte Kapelle in der Kathedrale von Crotone

Das Innere der Kathedrale hat den Grundriss eines lateinischen Kreuzes und besitzt ein Haupt- und zwei Seitenschiffe. Der Hochaltar ist mit wertvollen Kunstwerken geschmückt, darunter Gemälde und Skulpturen von lokalen und der neapolitanischen Schule zugerechneten Künstlern.

Im Laufe der Jahrhunderte hat das Bauwerk diverse stilistische und architektonische Veränderungen erfahren, die die verschiedenen historischen Epochen widerspiegeln, die Crotone und die umliegende Region geprägt haben. Heute ist die Kirche ein wichtiger Andachtsort für die Gläubigen und materielles Zeugnis der reichen Geschichte und Kultur der Stadt.

Abb. 3: Digitale Rekonstruktion der Kathedrale von Crotone

Die Servicepartner

Das Projekt wurde von den italienischen Hochbau- und Beratungsunternehmen 2MG S.r.l. und Co.Ma.Te.C. S.r.l. durchgeführt.

  • 2MG S.r.l. bietet bautechnische und geologische Dienstleistungen sowie die Unterstützung der Planung, Umsetzung und Integration solcher Aktivitäten an. Zu den Tätigkeiten des Unternehmens zählen des Weiteren der Entwurf, die Erstellung und die Installation von Überwachungssystemen zur Messung physikalischer und umweltbezogener Parameter sowie die strukturelle Diagnostik, regulatorische und experimentelle Kontrollen, geologische Dienstleistungen und geodiagnostische Untersuchungen.

  • Co.Ma.Te.C. S.r.l ist ein Beratungsunternehmen für Bau- und Umwelttechnik, dessen Gründer über jahrzehntelange Erfahrung in den Bereichen Bauwerksdiagnostik, Belastungstests, Vor-Ort-Prüfungen und Planung verfügen. Heute bietet das Unternehmen technische Unterstützung für öffentliche Einrichtungen sowie Unternehmen und Fachleute aus dem Ingenieurwesen an und besitzt umfangreiche Expertise bei der Bestimmung der physikalisch-mechanischen Eigenschaften von Materialien und Böden und der Unterstützung von Analyse- und Nachweisverfahren. 

Das Datenerfassungssystem

Zunächst entwickelten wir ein Erfassungssystem für die Durchführung einer Modalanalyse der Kathedrale. Dabei achteten wir besonders darauf, den Erhalt genauer und aussagekräftiger Ergebnisse sicherzustellen, die helfen würden, das Wohl des historischen Bauwerks zu gewährleisten.

Ein Projekt dieser Art erfordert die Auswahl geeigneter Sensoren, um Daten über das dynamische Verhalten der Struktur zu erfassen. In der Regel werden dazu Beschleunigungssensoren verwendet, die die Beschleunigung als Reaktion auf die Schwingungen und Bewegungen des Bauwerks messen.

Um die signifikantesten Schwingungsmoden zu ermitteln, mussten die Sensoren strategisch an verschiedenen kritischen Punkten platziert werden. Dazu waren aber zunächst die optimalen Anbringungspunkte zu ermitteln, die eine vollständige Abdeckung des Bauwerks gewährleisteten und es erlaubten, die dominierenden Schwingungsmoden in allen Richtungen zu erfassen. Dieser Prozess wurde durch den architektonischen Aspekt erschwert, da aufgrund des kulturhistorischen Wertes der Kathedrale genau erwogen werden musste, an welchen Oberflächen die Analyseinstrumente angebracht werden konnten.

Abb. 4: Schematische Darstellung der Kathedrale mit den Messpunkten

Eine zeitliche Momentaufnahme des dynamischen Verhaltens der Kathedrale ist aus verschiedenen Gründen unbedingt erforderlich.

Bewertung der strukturellen Stabilität

Die Modalanalyse liefert maßgebliche Informationen über die dynamische Antwort des Bauwerks auf äußere Lasten wie Wind oder Erdbeben. Anhand der Analysedaten können wir die strukturelle Stabilität bewerten und eventuelle Probleme oder Versagensrisiken erkennen.

Planung und Instandhaltung

Das Verständnis der Eigenschwingungsformen des Bauwerks ist für die Planung von Verstärkungs- oder Stabilitätsverbesserungsmaßnahmen von grundlegender Bedeutung. Zudem ermöglicht die Überwachung des dynamischen Verhaltens der Struktur über die Zeit eine frühzeitige Erkennung von Verschlechterungen oder Anomalien, die Instandhaltungsmaßnahmen erfordern.

Öffentliche Sicherheit

Die genaue Kenntnis des dynamischen Verhaltens der Kathedrale ermöglicht es uns, die Sicherheit ihrer Besucher zu gewährleisten. Die Identifizierung und Minderung der mit möglichen strukturellen Problemen einhergehenden Risiken trägt zum Schutz der Sicherheit und des Wohlergehens dieser Menschen bei.

Die Erfassung von Daten über das dynamische Verhalten eines Bauwerks mittels einer Modalanalyse ist unerlässlich für die Bewertung seiner Stabilität, die Planung von Verbesserungsmaßnahmen und die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit. Ein gut durchdachtes Erfassungssystem und eine korrekte Datenanalyse liefern wertvolle Informationen für die Verwaltung und Erhaltung historischer Baudenkmäler.

Die Messdatenerfassungslösung

Das für die Datenerfassung verwendete System umfasste die folgenden Komponenten:

  1. 16x Dewesoft IOLITEiw-3xMEMS-ACC-INC – Signalaufbereitungsgerät mit integriertem MEMS-Beschleunigungsmesser (mikroelektromechanische Systeme) und biaxialer Neigungsmesserfunktion (Nick- und Rollwinkel)

  2. 2x Dewesoft IOLITE-POWER-INJECTOR – passiver Power-over-Ethernet-Injektor für die Stromversorgung von IOLITE-3xMEMS-Geräten

  3. Datenerfassungssoftware DewesoftX

  4. Dewesoft Artemis OMA – Ausarbeitungssoftware für die Modalanalyse

Bei den installierten Sensormodulen handelt es sich um Dewesoft-Geräte des Typs IOLITEi-3xMEMS-ACC-INC. Dieses Datenerfassungsgerät ist mit einem rauscharmen MEMS-Beschleunigungsmesser ausgestattet und für die strukturelle Zustandsüberwachung sehr großer Strukturen wie Brücken, Gebäuden, Antennen, Stadien, großen Maschinen usw. konzipiert.

Abb. 5: Datenerfassungsmodul IOLITEi-3xMEMS mit integriertem triaxialem MEMS-Beschleunigungssensor und das gleiche Gerät im wasserdichten IP67-Gehäuse

Das IOLITE 3xMEMS-ACC-INC ist eine integrierte Messeinrichtung zur Messung von Schwingung, Neigung, Geschwindigkeit, Weg, Neig- und Rollwinkel. Im Inneren des Geräts misst ein triaxialer MEMS-Beschleunigungssensor die Beschleunigung. Dieser Sensor ist fest mit dem mechanischen Gehäuse verbunden. Dank eines präzisen Kalibrierungsprozesses, der die gemessenen Änderungen der Umgebungstemperatur berücksichtigt, können über die Zeit auch genaue Neigungsdaten ermittelt werden.

Zudem übernimmt es die Analog-Digital-Wandlung (ADC) und eliminiert so jegliches Rauschen, das von der analogen Verkabelung aufgenommen wird. Große Entfernungen sowie die Erfordernis einer hohen Genauigkeit bei der Übertragung und eines hohen Synchronisationsgrades (1 µs) stellen kein Problem mehr dar, was zur Optimierung des Aufwands an Installationszeit und finanziellen Mitteln beiträgt.

Ein in das Gerät integrierter Mikroprozessor überträgt die gemessenen Beschleunigungswerte an die auf einem Windows-PC laufende Datenerfassungssoftware DewesoftX. Alternativ können die Geräte mit jeder Steuerung mit EtherCAT-Master verbunden werden. Die Skalierung der Sensoren erfolgt automatisch, und die Daten stehen sofort in g oder m/s² zur Verfügung.

Ein ebenfalls im Gerät installierter Temperatursensor misst die Temperatur des MEMS-Beschleunigungsaufnehmers. Die Messwerte werden von DewesoftX als Systemmonitor-Kanal angezeigt und sekündlich aktualisiert.

Die Dewesoft-Betriebszeit-Datendateien (DXD) können direkt zur Analyse in die Dewesoft-Software ARTeMIS OMA exportiert werden. Mit ARTeMIS OMA ist es möglich, unter operationellen Bedingungen die vollständigen Modalparameter für Strukturen zu schätzen, für die wir nur die Ausgangsantwortdaten erfasst haben. Bei den Modalparametern handelt es sich um die Eigenformen, Eigenfrequenzen und Dämpfungsverhältnisse.

Die Software unterstützt die Schätzung von Eigenfrequenzen, Dämpfungsverhältnisse, die Schätzung und Animation von Eigenformen, die Schätzung regelmäßiger Eigenformen, die Frequenzbereichszerlegung (Frequency Domain Decomposition, FDD) und die erweiterte Frequenzbereichszerlegung (Enhanced Frequency Domain Decomposition, EFDD).

Zudem ermöglicht Sie die Nachverfolgung von Änderungen des dynamischen Verhaltens der Struktur im Zeitverlauf. Wir können also, unter anderem durch die Analyse der Schwingungen der Struktur und die Ermittlung der Eigenformen, die Materialdegeneration anhand der Schwingungsantwort der Struktur bewerten.

Abb. 6: Im Glockenturm der Kathedrale installierter IOLITEi-3xMEMS-ACC-INC-Sensor

Die Installation

Für die sichere und effiziente Installation der Messinstrumente in der Höhe verwendeten wir eine fahrbare Hubarbeitsbühne (FHAB). Diese Geräte bieten eine Reihe von Vorteilen und kommen in verschiedenen Sektoren wie dem Baugewerbe, der Industrie und der Infrastrukturwartung zum Einsatz.

Für die Verwendung fahrbarer Hubarbeitsbühnen für Installationsarbeiten in der Höhe gibt es mehrere gute Gründe:

  • Sicherer Zugang: Die Geräte ermöglichen den sicheren Zugang zu hoch gelegenen Stellen und verringern so das Risiko von Abstürzen und Unfällen am Arbeitsplatz.

  • Effizientes Arbeiten: Arbeitsbühnen bieten eine stabile Plattform und einen großen Bewegungsbereich, so dass Arbeiten in der Höhe schnell und effizient erledigt werden können.

  • Flexibilität: Die Vielfalt der Arbeitsbühnentypen bietet umfassende Möglichkeiten für die Anpassung an spezifische Bedingungen wie den Zugang zu engen Räumen, große Höhen oder Arbeiten in unwegsamem Gelände.

  • Vielseitigkeit: Fahrbare Hubarbeitsbühnen können in verschiedenen Branchen und Anwendungen eingesetzt werden, von der Gebäudewartung über das Bauwesen bis hin zur Wartung von Stromleitungen und mehr.

Abb. 7: Sensoreninstallation mit FHAB
Abb. 8: Sensoreninstallation in der Kuppel
Abb. 9: Auf der Kuppel installierter IOLITEiw-3xMEMS-ACC-INC-Sensor

Die Ergebnisse

Die Lage der Messpunkte und die Art der für die Modalanalyse gewählten Module machten die Extrapolation der Daten sehr schwierig. Das inhomogene Verhalten des Mauerwerks führte dazu, dass das Spektraldiagramm zu wenige Informationen bot. Es konnten jedoch drei Resonanzfrequenzen ermittelt werden. Die erste hängt mit dem Translationsverhalten der Struktur zusammen, die zweite mit einem Strukturelement, und die dritte mit der Bewegung der Kuppel im oberen Bereich.

Abb. 10: Die Geometrie der Kathedrale für die Modalanalyse

Siehe die Spektraldiagramme für die betroffenen Frequenzbänder in Abb. 11.

Abb. 11a: Spektraldiagramme
Abb. 11b: Spektraldiagramme

Mithilfe der Software Artemis OMA von Dewesoft wurden die folgenden Schwingungsmoden reproduziert:

Abb. 12: Erste identifizierte Schwingungsform – 3,41 Hz
Abb. 13: Zweite identifizierte Schwingungsmode – 22,7 Hz
Abb. 14: Dritte identifizierte Schwingungsmode – 24,25 Hz

Videoaufzeichnung der drei Schwingungsmoden in ARTeMIS

Fazit

Die Modalanalyse erweist sich als ein wesentliches Instrument für das Verständnis des dynamischen Verhaltens von Strukturen im Bauwesen. Mittels der Identifizierung von Eigenschwingungsformen liefert diese Methode wertvolle Informationen zur Bewertung der strukturellen Stabilität, Planung von Verbesserungsmaßnahmen und Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit. Die kontinuierliche Entwicklung fortgeschrittener Analyse- und Datenerfassungstechniken lässt erwarten, dass die Modalanalyse die Verwaltung und Erhaltung unserer Infrastrukturen in Zukunft noch effektiver unterstützen und so zu einer sichereren und resilienteren Welt beitragen wird.

Eine präzise Instrumentierung ist für die Modalanalyse von entscheidender Bedeutung. Sie gewährleistet, dass die erfassten Daten zuverlässig und für das dynamische Verhalten der Struktur repräsentativ sind. Beschleunigungsaufnehmer und andere Sensoren müssen so empfindlich sein, dass sie selbst feinste Schwingungsmuster erkennen. Die Messgeräte müssen Daten in den passenden Frequenzen erfassen, um die Ermittlung der relevanten Schwingungen und die Bewertung der Strukturdämpfung zu erlauben. 

Die Daten müssen vergleichbar sein und mit theoretischen Modellen oder numerischen Simulationen validiert werden. Daher ist die Investition in hochwertige Messgeräte für ein gründliches und zuverlässiges Verständnis des dynamischen Verhaltens von Bauwerken unerlässlich.

Danksagung

Vielen Dank für das zur Verfügung gestellte Material an:

  • Ing. Gianfranco Fiondella (2MG S.r.l.)

  • Ing. Enrico Ruggiero (2MG S.r.l.)

  • Ing. Raffaele Mastroianni (Co.Ma.Te.C. S.r.l.)