Grant Maloy Smith

Mittwoch, 4. Dezember 2024 · 0 min read

Die Geschichte der Luft- und Raumfahrttelemetrie

Die Telemetrie ist eine unverzichtbare Technologie in der Luft- und Raumfahrt. Sie ermöglicht die Echtzeitüberwachung und -steuerung von Raumfahrzeugen, Flugzeugen und Raketen durch die Übertragung von Daten zwischen diesen Fahrzeugen und Bodenkontrollstationen. Von ihren Anfängen bis heute hat die Telemetrie eine maßgebliche Rolle beim Erfolg verschiedener Raumfahrtmissionen gespielt und wichtige Initiativen von Ländern wie den USA, der UdSSR bzw. Russland, Europa, China oder Japan und von privaten Unternehmen wie SpaceX, Blue Origin oder ULA entscheidend unterstützt. In diesem Artikel beschreiben wir die Entwicklung der Telemetrie in der Luft- und Raumfahrt von ihren Anfängen bis heute und richten dabei besonderes Augenmerk auf die Schlüsseltechnologien und ihre Anwendungen in bedeutenden Raumfahrtprogrammen.

Die Ursprünge der Telemetrie

Die Anfänge der Telemetrie in der Luft- und Raumfahrt sind eng mit der Entwicklung der Funkkommunikation und der Luftfahrtindustrie verwoben und reichen ins frühe 20. Jahrhundert zurück.  Die Notwendigkeit der Fernüberwachung von Flugzeugen und später auch von Raumfahrtsystemen führte zur Erfindung und Weiterentwicklung von Telemetrietechnologien, die für den modernen Luft- und Raumfahrtbetrieb inzwischen von wesentlicher Bedeutung sind.

Pioniere der Funkkommunikation

Das Konzept der Telemetrie – also der Fernmessung und -übertragung von Daten – hat seinen Ursprung in der Entwicklung der Funkkommunikation im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Schlüsselfiguren der Funkkommunikation wie Guglielmo Marconi und Nikola Tesla legten den Grundstein, indem sie bewiesen, dass Signale drahtlos über große Entfernungen übertragen werden können.

Guglielmo Marconi (links) und Nikola Tesla (rechts) (gemeinfrei, über Wikimedia Commons)

Guglielmo Marconi

Dem italienischen Erfinder Guglielmo Marconi wird oft die Erfindung des Radios zugeschrieben. Ihm gelang 1895 die erste Übertragung eines Funksignals über eine kurze Distanz, und 1901 stellte er die erste transatlantische Funkverbindung her. Marconis Arbeit zeigte das Potenzial der drahtlosen Kommunikation auf, die später auch für die Telemetrie genutzt werden sollte.

Nikola Tesla

Der serbisch-amerikanische Erfinder Nikola Tesla leistete bedeutende Beiträge zur Funkkommunikation und Funktechnik. In den frühen 1900er-Jahren erforschte er die drahtlose Energieübertragung und die Fernsteuerung – Konzepte, die später die Grundlage für moderne Telemetriesysteme bildeten.

Das U.S. Army Air Corps (Vorläufer der heutigen U.S. Air Force) und die britische Royal Air Force gehörten zu den militärischen Organen, die an der Entwicklung von Funktechnologien für die Flugsteuerung und -überwachung besonders interessiert waren, und Unternehmen wie Western Electric und RCA (Radio Corporation of America) trugen mit ihren frühen Funkkommunikationssystemen wesentlich zur Festigung der Grundlagen der Telemetrie bei.

Telemetrie in der Raketentechnik (1920er- und 1930er-Jahre)

Der amerikanische Ingenieur Robert Goddard (1842–1945), der oft als Vater der modernen Raketentechnik bezeichnet wird, leistete mit seiner Pionierarbeit einen wichtigen Beitrag zur Telemetrie in der Luft- und Raumfahrt. Er erhielt bereits 1914 Patente für die Erfindung mehrstufiger und flüssigkeitsbetriebener Raketen und führte am 16. März 1926 auf einer Farm in Massachusetts den weltweit ersten erfolgreichen Start einer flüssigkeitsbetriebenen Rakete durch. Zudem gehörte er zu den ersten Entwicklern und Anwendern eines Telemetriesystems, das Funksignale zur Übertragung von Raketenflugdaten an Beobachter am Boden nutzte.

Dr. Robert Goddard an der Clark University (Foto: NASA, gemeinfrei, über Wikimedia Commons)

Da noch keine kommerziellen Lösungen zur Verfügung standen, entwickelte Goddard eigene elektronische Instrumente zur Erfassung und Übertragung von Daten von seinen Raketen. Diese Sensoren maßen und übermittelten Daten wie Höhe, Beschleunigung, Luftdruck, Geschwindigkeit, Düsendruck, Temperatur, Treibstoffverbrauch und Treibstoffverbrauchsrate.

Zu den ersten dokumentierten Einsätzen von Goddards Telemetrieinstrumenten zählt ein Testflug am 16. April 1935 in Roswell (New Mexico, USA), während dessen er erfolgreich Echtzeitdaten zur Flughöhe der Rakete und anderen Parametern zurück zum Boden übermittelte, wo diese erfasst und mithilfe analoger Instrumente und Messgeräte angezeigt wurden. Dies gilt als einer der frühesten Beispiele für die Nutzung von Funktelemetrie in der Raketentechnik.

Telemetrie in der Flugzeugtechnik (1910er- bis 1930er-Jahre)

In den 1920er- und 1930er-Jahren begann sich die Telemetrie, angetrieben von den rasanten Fortschritten in der Luftfahrt, zu einer eigenständigen Technologie zu entwickeln. Mit der zunehmenden Komplexität moderner Flugzeuge stieg auch der Bedarf an einer Fernüberwachung ihrer Systeme zur Gewährleistung der Sicherheit und Leistung. 

Die ersten Telemetriesysteme waren noch rudimentär und nutzten analoge Funksignale zur Übertragung von Daten von Flugzeugen an Bodenstationen, wie es auch Goddard mit seinen Raketen getan hatte. Die Funktionalität dieser Systeme war in der Regel auf grundlegende Messungen wie Triebwerkstemperatur, Treibstoffstand und Flughöhe beschränkt. Die Messdaten wurden mithilfe von Frequenzmodulation (FM) in Echtzeit per Funk übertragen, was eine kontinuierliche Überwachung kritischer Parameter ermöglichte.

Frühe Innovatoren

Die 1910 gegründete Sperry Corporation spielte bei der frühen Entwicklung von Instrumenten für die Luftfahrt eine entscheidende Rolle. Der amerikanische Erfinder und Unternehmer Elmer Sperry war Miterfinder des Kreiselkompasses. Sein Sohn Lawrence Sperry erfand den Autopiloten und den künstlichen Horizont, die noch heute verwendet werden. 

Sperrys Autopilot, der 1914 erstmals vorgestellt wurde, basierte auf gyroskopischer Stabilisierung, und obwohl es sich nicht um ein Telemetriesystem im klassischen Sinne handelte, leistete Sperry damit einen wichtigen Beitrag zur Echtzeit-Flugüberwachung und Flugstabilität. Er stabilisierte sowohl Kurs als auch Höhe des Flugzeugs, während Daten zu Position und Steuereingaben per Funk an eine Bodenstation übertragen werden konnten. 

Links: Elmer Ambrose Sperry (gemeinfrei, über Wikimedia Commons); rechts: Elmer Sperrys Sohn Lawrence Burst Sperry (gemeinfrei, über Wikimedia Commons)

Ein weiterer wichtiger Beitrag kam von der Bendix Corporation, die 1924 von Vincent Bendix gegründet wurde. Bendix spezialisierte sich auf Automobil- und Luftfahrtkomponenten, darunter auch frühe Fluginstrumente. Die Ingenieure von Bendix arbeiteten an der Verbesserung von Telemetriesystemen, um die Zuverlässigkeit und Genauigkeit der Datenübertragung zu verbessern.

Telemetrie im Zweiten Weltkrieg (1939–1945)

Der Zweite Weltkrieg gab Anlass zu erheblichen Investitionen in Forschung und Entwicklung, die Innovationen hervorbrachten, die die Zukunft der Luft- und Raumfahrttelemetrie prägen sollten.

So leistete Raytheon ihre ersten Beiträge zur Telemetrie in der Luft- und Raumfahrt, vor allem in Form von Radartechnologie, Lenkflugkörpersystemen und Innovationen in der Militärelektronik. Das Unternehmen entwickelte Telemetriesysteme für die Übertragung von Echtzeitdaten zur Performance von Lenkflugkörpern und Flugzeugen, die es Technikern und militärischen Betreibern erlaubten, wertvolle Informationen über die Flugbahnen, Geschwindigkeiten und Kontrollsysteme zu erfassen. Radarsysteme waren unverzichtbar für die Verfolgung der Bewegungen von Flugzeugen, Schiffen und Raketen, und die von ihnen erfassten Daten mussten oft in Echtzeit an Bodenstationen übertragen werden.

Northrop Aviation, bekannt für ihre unkonventionellen Nurflügelflugzeuge wie die N1-M, die YB-35 und die YB-49, entwickelte frühe Flugdatenaufzeichnungsgeräte, die später zu vollwertigen Telemetriesystemen weiterentwickelt wurden. Zur Bewältigung der einzigartigen strukturellen und aerodynamischen Herausforderungen, die diese Flugzeuge mit sich brachten, entwickelten die Ingenieure des Unternehmens Überwachungssysteme, die grundlegende Flugparameter wie Geschwindigkeit, Flughöhe, Triebwerksleistung, strukturelle Belastung und Steuerflächenbewegungen erfassten und übertrugen. Die registrierten Daten wurden per Funk an Bodenstationen gesendet, wo Techniker die Flugparameter analysierten und optimierten, um die Performance der Flugzeuge weiter zu verbessern.

Links: fliegende Boeing B-29 (gemeinfrei, über Wikimedia Commons) Rechts: Northrop YB-49 Flying Wing, um 1949 (Foto: US Air Force, gemeinfrei, über Wikimedia Commons)

Zu den bedeutendsten Fortschritten dieser Zeit gehörte das Telemetriesystem der deutschen V2, der ersten ballistischen Langstreckenrakete der Welt. Dieses System ermöglichte die Übertragung von Informationen über die Performance und Flugbahn der Rakete an die Bodenkontrollstation. 

Mittels Funksignalen wurden Daten wie Geschwindigkeit, Flughöhe und Triebwerksstatus übermittelt, sodass Techniker das Verhalten der Rakete analysieren und ihr Design optimieren konnten. Dies war einer der ersten groß angelegten Einsätze der Telemetrie in einer Langstreckenrakete und damit entscheidend für spätere Anwendungen in der Luft- und Raumfahrt.

Nachkriegsentwicklungen und der Anbruch des Weltraumzeitalters (Mitte 1940er- bis 1950er-Jahre)

Angetrieben durch die Anforderungen der Raketenentwicklung, des Überschallflugs und des beginnenden Wettlaufs ins All, waren die 1950er-Jahre eine Ära rascher Innovationen in der Luft- und Raumfahrttelemetrie. Diese Fortschritte legten das Fundament für die modernen Telemetriesysteme, die heute in der Raumfahrt und der Weltraumforschung zum Einsatz kommen. Mit der Gründung von Forschungsinstituten und der kommerziellen Vermarktung von Telemetrietechnologien wurde in der Nachkriegszeit der Grundstein für das Weltraumzeitalter gelegt. Das US-amerikanische Verteidigungsministerium spielte eine führende Rolle bei der Entwicklung von Raketenabwehrsystemen und finanzierte Unternehmen wie Raytheon und Hughes Aircraft, um die Telemetriesysteme zu verbessern, die für die Echtzeitverfolgung und Leistungsüberwachung benötigt wurden.

In den 1950er-Jahren begann auch der Wettlauf ins All, während dessen die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) und die Sowjetunion (UdSSR) Telemetriesysteme zur Unterstützung ihrer jeweiligen Raumfahrtprogramme entwickelten. Die Telemetrie wurde unverzichtbar für die Überwachung von Raumfahrzeugen beim Start, in der Umlaufbahn und beim Wiedereintritt sowie für die kontinuierliche Erfassung der Vitaldaten von Astronauten bei bemannten Missionen.

Die Gründung des Nationalen Beratungsausschusses für Luftfahrt (National Advisory Committee for Aeronautics, NACA), aus dem später die NASA hervorging, führte zu weiteren signifikanten Fortschritten in der Telemetrie. Unternehmen wie North American Aviation und RCA entwickelten Telemetriesysteme für die frühen amerikanischen Raumfahrtmissionen. Vor allem RCA entwarf und fertigte bodengestützte Einrichtungen, die für den Empfang und die Verarbeitung von Daten aus Raumfahrzeugen von entscheidender Bedeutung waren. 

Das 1932 von Howard Hughes gegründete Unternehmen Hughes Aircraft entwickelte in den 1950er-Jahren Lenkflugkörpersysteme, die sich bei Flugbahnverfolgung und Steuerung stark auf Telemetrie stützten. Die Innovationen des Unternehmens in der Radar- und Kommunikationstechnologie ermöglichten die Fernüberwachung des Flugverhaltens von Lenkflugkörpern, einschließlich ihrer Geschwindigkeit, Höhe und Flugbahn. Die Telemetrie spielte eine entscheidende Rolle bei der präzisen Steuerung von Lenkflugkörpern in ihre Ziele und der Erfassung von Daten zur späteren Analyse der Performance.

Links: Explosionsansicht der Sputnik 1 im Museum für Kosmonautik, Мoskau (gemeinfrei, über Wikimedia Commons); rechts: Explorer 1 auf Juno-Trägerrakete (Foto: NASA, gemeinfrei, über Wikimedia Commons)

Die frühen Erfolge der Sowjetunion bei der Erforschung des Weltraums, einschließlich des Starts von Sputnik 1 im Oktober 1957, basierten maßgeblich auf Telemetrie. Das Telemetriesystem von Sputnik übermittelte Daten zu Temperaturen und Batteriestatus, sodass die Bodenstationen den Zustand des Satelliten überwachen konnten. Sputnik sendete Baken- und Impulssignale auf zwei Frequenzen an die Funkoperatoren auf der Erde. Diese einfache Form der Telemetrie ermöglichte es den Wissenschaftlern, sich zu vergewissern, dass sich der Satellit in der Umlaufbahn befand und planmäßig funktionierte. 

An der Entwicklung dieser frühen Systeme waren sowjetische Ingenieure, wie zum Beispiel die Mitarbeiter von Sergej Koroljow, dem Chefkonstrukteur des sowjetischen Raumfahrtprogramms, maßgeblich beteiligt.

Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA entwickelte fortschrittliche Satellitentelemetrie für Explorer 1, der vier Monate nach Sputnik an Bord einer Juno-Rakete gestartet wurde. Im Zuge des Wettlaufs im All setzte die NASA im Rahmen von Überschall- und Hochgeschwindigkeitsflugtests neue Maßstäbe in der Telemetrie.

Technologische Innovationen

Zu den neuen Technologien gehörte die Pulse-Code-Modulation (PCM) zur digitalen Kodierung analoger Signale. Die PCM ermöglichte eine genauere und zuverlässigere Datenübertragung über große Entfernungen,  wie sie für Weltraummissionen essenziell war. Wesentlichen Anteil an dieser Innovation hatten die Ingenieure von Unternehmen wie Bell Labs, die bei den digitalen Kommunikationstechnologien eine Vorreiterrolle spielten.

Die Pulse-Code-Modulation (PCM) fand während des Apollo-Programms weite Verbreitung. Sie erlaubte die digitale Kodierung eines breiten Spektrums an telemetrischen Daten – von Raumfahrzeugparametern bis hin zu biomedizinischen Daten der Astronauten. Die verbesserte Genauigkeit und Zuverlässigkeit der PCM spielte eine entscheidende Rolle beim Erfolg der komplexen Missionen.

Kategorisierung der Signalmodulation nach Daten- und Trägertypen (Autor: Michel Bakni, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, über Wikimedia Commons)

Auch die Technologie der Frequenzmodulation (FM) wurde mit verbesserten Modulationsverfahren, die eine präzisere und effizientere Übertragung von Telemetriedaten ermöglichten, weiterentwickelt. Diese Fortschritte waren ausgesprochen wichtig für den Erfolg der frühen Weltraummissionen, bei denen die Aufrechterhaltung einer starken und stabilen Kommunikationsverbindung ein entscheidender Faktor war.

Der Wettlauf ins All und das Apollo-Programm (1960er- und 1970er-Jahre)

In den 1960er- und 1970er-Jahren setzte sich die Phase intensiver Innovation in der Luft- und Raumfahrttelemetrie fort, nun getrieben durch den Wettlauf ins All zwischen den USA und der UdSSR. In dieser Ära wurden fortschrittlichere Telemetriesysteme entwickelt, um die immer komplexeren und ehrgeizigeren Missionen zu unterstützen, die im amerikanischen Apollo-Programm und der Landung der ersten Menschen auf dem Mond gipfelten. 

Nach dem Erfolg von Sputnik entwickelte auch die Sowjetunion ihre Telemetriesysteme für eine Reihe zunehmend anspruchsvollerer Missionen weiter. Dazu zählte der erste bemannte Weltraumflug von Juri Gagarin am 12. April 1961 an Bord des Raumschiffs Wostok 1, das seine Vitalparameter und Daten über den Zustand des Raumschiffs zur Erde übermittelte. Die sowjetischen Telemetriesysteme, die unter Leitung von Sergej Koroljow entwickelt wurden, waren für die Überwachung des Gesundheitszustands von Kosmonauten unverzichtbar und trugen maßgeblich zum Erfolg von Missionen wie Luna, Wostok und Sojus bei.

Am 25. Mai 1961 erklärte US-Präsident John F. Kennedy vor beiden Häusern des Kongresses, er sei der Ansicht, die USA sollten sich dem Ziel verschreiben, „noch vor Ablauf dieses Jahrzehnts einen Menschen auf dem Mond zu landen und sicher zur Erde zurückzubringen“. Er bekräftigte dieses Ziel in den nachfolgenden Jahren mehrfach und bot sogar an, dabei mit der UdSSR zusammenzuarbeiten, doch letztlich handelten beide Länder für sich allein.

1961 kündigte US-Präsident John F. Kennedy vor dem Kongress das Vorhaben an, Menschen auf dem Mond zu landen (Foto: NASA, gemeinfrei, über Wikimedia Commons)

Das Apollo-Programm

In den Vereinigten Staaten brachte das Apollo-Programm der NASA einen bedeutenden Fortschritt in der Telemetrie. Die Missionen des Programms, insbesondere die Apollo-11-Mission, bei der 1969 die ersten Menschen auf dem Mond landeten, setzten zur Überwachung der Raumfahrzeugsysteme, der Gesundheit der Astronauten und der Umgebungsbedingungen in hohem Maße auf telemetrische Systeme. Auch die Unterstützung des Apollo-Programms durch Raytheon trug dazu bei, die Telemetrie fest in die Weltraumforschung zu integrieren.

Raumfahrtkontrolle und Telemetrie

Das Raumfahrtkontrollzentrum der NASA in Houston wurde zum Nervenzentrum der Apollo-Missionen, in dem kontinuierlich Telemetriedaten empfangen und analysiert wurden. Die Techniker nutzten diese Daten, um die Flugbahn des Raumschiffs zu verfolgen, die Lebenserhaltungssysteme zu überwachen und sicherzustellen, dass alle Komponenten des Raumschiffs einwandfrei funktionierten. Die telemetrischen Daten wurden über das Deep Space Network (DSN) übertragen, ein weltweites Antennensystem, das zur Aufrechterhaltung der Kommunikation mit Raumfahrzeugen im gesamten Sonnensystem dient.

Unternehmen und Innovatoren

Unternehmen wie RCA und Collins Radio  leisteten einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung der im Apollo-Programm eingesetzten Telemetriesysteme. RCA lieferte die bodengestützten Empfangsanlagen, während Collins Radio (heute Teil von Rockwell Collins) die bordseitigen Kommunikationssysteme bereitstellte.

Auch North American Aviation, der Hauptauftragnehmer für die Kommando- und Servicemodule des Apollo-Programms, war maßgeblich an der Entwicklung der Systeme beteiligt, die die telemetrischen Daten zur Erde übertrugen.

Diese Daten wurden an NASA-Einrichtungen wie das Johnson Space Center in Texas und das Kennedy Space Center in Florida übermittelt, wo sie mithilfe von Computern von IBM (International Business Machines), DEC (Digital Equipment Corporation), Univac und CDC (Control Data Corporation) verarbeitet und anschließend für Archivierungs- und Wiedergabezwecke auf FM-Bandgeräten, etwa von Ampex oder Honeywell, gespeichert wurden. 

Der Apollo-11-Missionskontrolleur D. J. MacDonald ergänzt 1969 aufgezeichnete Daten mit handschriftlichen Notizen (Foto: NASA, gemeinfrei)

Papierschreiber für die Echtzeit-Visualisierung

Da weder Computer noch Bandrekorder der damaligen Zeit in der Lage waren, Daten noch während des Geschehens grafisch darzustellen, gaben die Techniker die wichtigsten Datenkanäle an Papierschreiber aus, um sie in Echtzeit zu überwachen. Diese Registriergeräte zeichneten Niedriggeschwindigkeitsdaten kontinuierlich auf, indem sie mit mehrfarbigen Kapillar-Tintenschreibern Linien auf Papier zogen, das sich sehr langsam bewegte. Drücke und Temperaturen waren ideale Kandidaten für die langfristige Datenaufzeichnung. Registriergeräte wurden von verschiedenen Unternehmen angeboten, darunter Leeds & Northrop, Esterline Angus, Foxboro, Hewlett-Packard und Honeywell.

Für Mittelfrequenzdaten wurden Streifendiagrammschreiber – manchmal auch als oszillographische Rekorder bezeichnet – verwendet, die die eingehenden Signale mit beweglichen Schreibstiften auf einen sich bewegenden Papierstreifen zeichneten. Einer der wichtigsten Hersteller dieser frühen Schreiber war die Firma Clevite, die später unter dem Namen Brush firmierte und schließlich von Gould übernommen wurde. Die Schreiber arbeiteten mit einem Druck-Tintensystem, bei dem die Tinte mittels beweglicher Schreibstifte unter eine dünne Wachsschicht auf die Oberfläche einer Tonpapierrolle gespritzt wurde. Die Papiergeschwindigkeit konnte gesteigert werden, wenn eine höhere Zeitachsenauflösung erforderlich war. Weitere Hersteller solcher oszillographischer Linienschreiber waren Sanborn (Hewlett-Packard), Watanabe (Graphtec) und Astro-Med (Astro-Nova)

Die Schreiber dieses Typs waren zwar schneller als die ersten Registriergeräte, aber noch eingeschränkt durch das begrenzte Vermögen der Stifte, sich im Rasterbereich des Papiers hin und her zu bewegen. Ihre Bandbreite war bei Verwendung eines 40 bis 50 mm breiten Rasters auf 40 bis 70 Hz begrenzt. 

Für höhere Datenraten, als die oszillographischen Linienschreiber bewältigen konnten, wurden Lichtstrahl-Oszillographen von Honeywell eingesetzt. Diese verwendeten einen kleinen Spiegel, um einen Lichtstrahl auf ein sich schnell bewegendes lichtempfindliches Papier zu richten. Aufgrund seines Silbergehalts war dieses Papier jedoch teuer und neigte zudem dazu, unter Einfluss des Umgebungslichts zu verblassen.

Trotz ihrer Einschränkungen waren die beschriebenen Registriergeräte, oszillographischen Linienschreiber und Lichtstrahl-Oszillographen in den Jahrzehnten vor der Verfügbarkeit preiswerter PCs und hochauflösender grafischer Anzeigen für Techniker die einzige Möglichkeit, kritische Signaltrends in Echtzeit zu beobachten, und spielten über viele Jahrzehnte hinweg eine zentrale Rolle in der Telemetrie.

Links: Streifendiagrammschreiber des Typs Gould Brush 200 in einem Rack-Gehäuse im Space Launch Complex 3 der Vandenberg Space Force Base; rechts: Lichtstrahl-Oszillograph Honeywell Visicorder Modell 1912 in einem anderen Rack in derselben Anlage (Fotos: Frederick V. Johnson, SrA, gemeinfrei, über Wikipedia Commons)

Post-Apollo- und Space-Shuttle-Ära (1970er- bis 2000er-Jahre)

Nach dem Erfolg des Apollo-Programms verlagerte sich der Schwerpunkt der Raumfahrttelemetrie auf die Sicherung und Ausweitung der menschlichen Präsenz im Weltraum. In diese Periode fielen die Entwicklung des Space Shuttle, der Bau von Raumstationen und die kontinuierliche Weiterentwicklung der Telemetrietechnologien.

Mit dem 1981 erstmals gestarteten Space Shuttle wurden wiederverwendbare Raumfahrzeuge eingeführt. Die Raumfähre erforderte anspruchsvollere Telemetriesysteme zur Überwachung einer großen Vielfalt an Onboard-Systemen während des Starts, in der Umlaufbahn und beim Wiedereintritt in die Atmosphäre. In den 1980er- und 1990er-Jahren erfuhr die Diagrammschreiber-Technologie bedeutende Weiterentwicklungen: Sie wurde um interne Rechentechnik und digitale Signalverarbeitung ergänzt, und die beweglichen Schreibstifte wurden durch Thermodruckköpfe ersetzt, wie sie auch in Bürofaxgeräten zum Einsatz kamen. Diese Neuerungen führten zu einer signifikanten Steigerung der Bandbreite im Vergleich zu oszillografischen Schreibern und bedeuteten einen wichtigen technologischen Fortschritt. Diagrammschreiber mit Thermodruckköpfen wurden unter anderem von Gould, Astro-Med (jetzt Astro-Nova) und Watanabe (jetzt Graphtec) hergestellt. 

Trotzdem waren die traditionellen Diagrammschreiber aufgrund der rasanten Entwicklung von Personalcomputern bereits Anfang der 2000er-Jahre fast vollständig von Datenerfassungssystemen (DAQ) abgelöst worden. Kostengünstige, hochauflösende Computermonitore ersetzten das Papier als komfortables Medium zur Echtzeitüberwachung von Daten. 

Landung des Orbiters Atlantis auf der Landebahn 33 des Kennedy Space Centers der NASA in Florida nach einer Mission zur internationalen Raumstation (Foto: NASA/Sandra Joseph, gemeinfrei, über Wikimedia Commons)

Das Telemetriesystem des Space Shuttles war darauf ausgelegt, große Datenmengen von Tausenden Sensoren zu verarbeiten. Diese Daten reichten von den strukturellen Belastungen während des Starts bis hin zu den Umgebungsbedingungen im Frachtraum. Die Telemetriedaten des Shuttles wurden über das Tracking and Data Relay Satellite System (TDRSS) – ein Netzwerk geostationärer Satelliten – übertragen, das eine kontinuierliche Kommunikation mit der Missionskontrolle gewährleistete.

Das Space-Shuttle-Programm der USA stützte sich auf vollständig digitale Telemetriesysteme, die eine effizientere Verarbeitung, Speicherung und Übertragung der erfassten Daten ermöglichten. Zudem wurden die telemetrischen Daten direkt in die Bordcomputer integriert, was eine Entscheidungsfindung in Echtzeit sowie automatische Systemprüfungen erlaubte.

Ab Ende der 1990er-Jahre führte der Bau und Betrieb der Internationalen Raumstation (ISS) zu einer internationalen Zusammenarbeit und weiteren bedeutenden Fortschritten in der Telemetrietechnologie. Die an Bord der ISS eingesetzten Telemetriesysteme überwachen die Stationssysteme, den Gesundheitszustand der Astronauten und wissenschaftliche Experimente. Die Telemetrie-Infrastruktur ist darauf ausgelegt, Daten über lange Zeiträume hinweg kontinuierlich zu übertragen, und zählt zu den robustesten Systemen, die jemals entwickelt wurden.

Die Internationale Raumstation, aufgenommen im Mai 2010 von Bord des Space Shuttle Atlantis (Foto: NASA/Besatzung des STS-132, gemeinfrei, über Wikimedia Commons)

Datenerfassungssysteme lernen Telemetrie

Bis zum Jahr 2000 waren nur wenige Papierschreiber in der Lage, digitale Telemetriedaten zu verarbeiten. Daher wurden Digital-Analog-Wandler verwendet, um die Daten ausgewählter Kanäle an diese Geräte zu übermitteln. Ein Durchbruch gelang den Technikern des Kennedy Space Centers der NASA in den frühen 2000er-Jahren mit dem Aufzeichnungs- und Wiedergabesystem (Record and Playback System, RPS) des Startkontrollzentrums (Launch Control Center, LCC). Sie beauftragten das Unternehmen Dewesoft, einen führenden Hersteller von Datenerfassungssoftware und -hardware, mit der Entwicklung einer Telemetrieschnittstelle für ihre damals noch gleichnamige Flaggschiff-DAQ-Software. Die neu entwickelten Systeme verfügten zwar weiterhin über analoge Eingänge für spezifische Anwendungen, konnten aber auch hunderte Parameter eines Raumfahrzeugs aufzeichnen. Innerhalb kurzer Zeit wurden komplette Racks mit papiergestützten Aufzeichnungsgeräten durch moderne, mit der Dewesoft-Software ausgestattete Systeme ersetzt.

NASA-Video des RPS im Kennedy Space Center über die Umstellung auf Dewesoft-basierte Systeme

Unternehmen und Innovatoren:

  • Dewesoft: Das in Slowenien ansässige Technologieunternehmen ergänzte seine Datenerfassungssysteme für die NASA um Telemetrie- und SCRAMnet-Schnittstellen und revolutionierte so die Rolle von DAQ-Instrumenten in der Raumfahrt. 

  • Rockwell International: Der Konzern Rockwell International, dessen Raumfahrt-, Luftfahrt- und Militärtechniksparten später an Boeing verkauft wurden, war der Hauptauftragnehmer für das Space Shuttle und entwickelte viele der an Bord eingesetzten Telemetriesysteme.

  • NASA und ESA: Die NASA und die Europäische Weltraumorganisation (ESA) arbeiteten bei der Entwicklung der Telemetriesysteme für die Internationale Raumstation (ISS) eng zusammen, um zu gewährleisten, dass Daten zwischen den internationalen Partnern ausgetauscht und integriert werden konnten.

Kommerzielle Raumfahrt und moderne Telemetrie (2000er-Jahre bis heute)

Im 21. Jahrhundert haben die zunehmende Bedeutung der kommerziellen Raumfahrt und neue Akteure wie SpaceX und Blue Origin die Entwicklung moderner Telemetriesysteme vorangetrieben, die sich durch eine höhere Effizienz, geringere Kosten und eine bessere Skalierbarkeit auszeichnen.

SpaceX und Telemetrie

Das 2002 von Elon Musk gegründete Unternehmen SpaceX hat sich als führender Akteur in der Kommerzialisierung der Raumfahrt etabliert und ist der wichtigste Anbieter von Start-Services für die NASA und andere Organisationen. Die Telemetrie spielt eine zentrale Rolle bei den SpaceX-Missionen und kommt in den Falcon-Raketen, Dragon-Raumfrachtern und Starship-Trägerraketen des Unternehmens zum Einsatz.

Eine SpaceX Falcon 9 v1.1 am 26. April 2015 auf dem Weg zum Space Launch Complex 40 der Cape Canaveral Space Force Station (Foto: SpaceX, CC0, über Wikimedia Commons)

Die Telemetriesysteme von SpaceX sind so konzipiert, dass sie den autonomen Flug unterstützen, bei dem Echtzeitdaten für Steuerungsprozesse genutzt werden, ohne dass menschliche Eingriffe erforderlich sind. Dies ist insbesondere für die Erststufe der Falcon 9 von Bedeutung, die zur Erde zurückkehrt und autonom landet. Die telemetrischen Daten werden über Bodenstationen und Satellitenverbindungen übertragen und ermöglichen die präzise Steuerung und Überwachung des Raumflugkörpers während der gesamten Mission.

Bei der Entwicklung der Starship-Trägerrakete, die für Missionen in den Tiefen des Weltraums ausgelegt ist, greift SpaceX auf fortschrittliche Telemetrie zurück, die die Systeme über alle Flugphasen hinweg in Echtzeit überwachen. Die Verwaltung und Analyse der dabei anfallenden enormen Datenmengen – einschließlich Struktur-, Wärme- und Antriebsdaten – erfordert den Einsatz modernster Telemetrietechnologien.

Blue Origin

Das im Jahr 2000 von Jeff Bezos gegründete Unternehmen Blue Origin ist ein weiterer bedeutender Akteur in der modernen Raumfahrttelemetrie. Die Telemetriesysteme von Blue Origin spielen eine zentrale Rolle bei der Entwicklung des New-Shepard-Raumflugsystems und der New-Glenn-Trägerraketen, die für den suborbitalen Weltraumtourismus sowie Orbitalmissionen konzipiert sind. Wie SpaceX legt auch Blue Origin einen Fokus auf wiederverwendbare Raketen und priorisiert dabei die Telemetrie. Die entsprechenden Systeme sollen den Zustand des Flugkörpers über mehrere Einsätze hinweg überwachen und Daten für Wartung und Sicherheitsbewertungen liefern. 

Das Projekt DarkSky-1 (DS-1), das in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Verteidigungsinnovation (Defense Innovation Unit, DIU) des US-Verteidigungsministeriums durchgeführt wird, zielt darauf ab, Blue Origins Plattform für Multi-Orbit-Logistiktelemetrie und weitere Fähigkeiten zu demonstrieren. Die Arbeiten an diesem Vorhaben sind noch nicht abgeschlossen.

Test eines leistungsstarken neuen, mit Wasserstoff und Sauerstoff betriebenen Raketenantriebs durch Blue Origin in einer unternehmenseigenen Anlage in West Texas (Lauren Hammett, gemeinfrei, über Wikimedia Commons)

United Launch Alliance (ULA)

United Launch Alliance (ULA), ein Gemeinschaftsunternehmen von Boeing und Lockheed Martin, setzt in ihren Raketenfamilien Atlas V, Delta IV und Vulcan fortschrittliche Telemetriesysteme ein, um die Zuverlässigkeit und Sicherheit der Missionen zu gewährleisten. Diese Systeme sind von essenzieller Bedeutung für die Echtzeitüberwachung der Performance der Raketen und liefern hochauflösende Daten zu Antrieb, struktureller Integrität, Steuerung und Umgebungsbedingungen.

Die Atlas V hat verschiedene Nutzlasten ins All befördert, darunter Militärsatelliten für den Militärnachrichtendienst National Reconnaissance Office (NRO), GPS-Satelliten für die U.S. Space Force und wissenschaftliche Nutzlasten für die NASA, wie das Mars Science Laboratory und die Jupiter-Raumsonde Juno. Außerdem hat die Atlas V als Trägerrakete für das Raumschiff CST-100 Starliner von Boeing, das für bemannte Missionen vorgesehen ist, eine zentrale Rolle im Commercial-Crew-Programm der NASA gespielt.

Die Raketen der Delta IV-Familie, insbesondere die Delta IV Heavy, wurden als „Arbeitspferde“ für Missionen von hoher Priorität für die nationale Sicherheit genutzt. Seit ihrem Erstflug im Jahr 2002 hat die Delta IV zahlreiche Aufklärungssatelliten für das NRO und andere geheime Nutzlasten gestartet, wobei oft ihre Schwerlastfähigkeiten erforderlich waren. Mit der letzten Mission unter der Bezeichnung NROL-70 endete das Delta-Programm im April 2024. Die Raketenfamilie wurde von der ebenfalls von ULA entwickelten Vulcan-Rakete abgelöst, die für eine noch größere Effizienz und Nutzlastflexibilität ausgelegt ist.

Links: Start einer Atlas-V-Rakete mit den Raumsonden Lunar Reconnaissance Orbiter und LCROSS (NASA/Tom Farrar, Kevin O'Connell, gemeinfrei, über Wikimedia Commons); Mitte: Start einer Delta-IV-Heavy-Rakete vom Space Launch Complex 37B der Cape Canaveral Air Force Station in Florida (United Launch Alliance, gemeinfrei, über Wikimedia Commons); rechts: eine Vulcan-Rakete mit dem Peregrine-Mondlandegerät auf einer Startrampe der Cape Canaveral Space Force Station in Florida (NASA/Ben Smegelsky, gemeinfrei, über Wikimedia Commons)

Die Telemetriesysteme von ULA erfassen Daten von zahlreichen Onboard-Sensoren, die Parameter wie Temperatur, Druck, Schwingung und Beschleunigung messen. Die Messdaten werden während des gesamten Fluges per Funk an die Bodenstationen übertragen. Durch den Einsatz verschlüsselter, redundanter Kommunikationskanäle gewährleistet ULA die Zuverlässigkeit und Sicherheit der telemetrischen Daten für kritische Missionen – sowohl im kommerziellen und wissenschaftlichen Bereich als auch im Bereich der nationalen Sicherheit.

Ein CST-100-Starliner-Raumschiff von Boeing wird in der Vertical Integration Facility im Space Launch Complex 41 auf der Cape Canaveral Air Force Station in Florida auf einer Atlas-V-Rakete von ULA positioniert (Cory Huston, gemeinfrei, über Wikimedia Commons)

Die Telemetrie ist für die Flugbetriebsteams unverzichtbar, um den Zustand und den Status von Raketen in Echtzeit zu überwachen. Die Techniker analysieren die erfassten Daten, um fundierte Entscheidungen zu treffen und die Missionsparameter zur Optimierung der Raketenperformance anzupassen oder den Flug im Falle von Anomalien abzubrechen. Nach jeder Mission werden die Telemetriedaten ausgewertet, um die Performance zu analysieren und die Modelle für zukünftige Flüge zu verfeinern. Diese Rückkopplungsschleife ist für ULA von entscheidender Bedeutung, da sie hilft, Verbesserungspotentiale zu erkennen und die Risiken und Kosten nachfolgender Missionen zu reduzieren.

Europäische Weltraumorganisation (ESA)

Die Europäische Weltraumorganisation (ESA) setzt fortschrittliche Technologien für die Telemetrie, Flugbahnverfolgung und Steuerung (TT&C) bei Raumflügen ein. Ihr Bodenstationsnetz (ESTRACK) umfasst Bodenstationen auf der ganzen Welt, darunter sieben Anlagen mit großen Antennen für die Kommunikation mit Raumfahrzeugen in verschiedenen Missionsphasen. Die mit 35-Meter-Antennen ausgestatteten Deep-Space-Stationen von ESTRACK in Spanien, Australien und Argentinien sind von entscheidender Bedeutung für Langstreckenmissionen und interplanetare Kommunikation.

Die Ariane-5-Rakete von Arianespace mit dem James-Webb-Weltraumteleskop im Jahr 2021 vor ihrem Start (Bill Ingalls, gemeinfrei, über Wikimedia Commons)

Nach 117 erfolgreichen Missionen zwischen 1996 und 2023 wird das „Arbeitspferd“ Ariane 5 im Jahr 2024 durch die Ariane 6 ersetzt, die für noch mehr Flexibilität bei geringeren Kosten ausgelegt ist. Mit der Ariane 5 wurden zahlreiche Nutzlasten ins All befördert, darunter kommerzielle Satelliten, europäische Navigationssatelliten und bedeutende wissenschaftliche Missionen wie die Kometensonde Rosetta der ESA und das James-Webb-Weltraumteleskop der NASA. 

Unbemannte Raketen sind zur Steuerung vollständig auf Telemetrie angewiesen, und Arianespace hat eine umfassende Infrastruktur mit Telemetrie-, Bahnverfolgungs- und Kommandosystemen aufgebaut, um den kontinuierlichen Datenaustausch zwischen den Raumfahrzeugen und der Erde zu gewährleisten. Die telemetrischen Daten werden zur Übermittlung des Zustands, des Systemstatus und wissenschaftlicher Sensormessungen mit Onboard-Datenverarbeitungssystemen (Onboard Data Handling Systems, ODHS) verarbeitet. Während mit Flugbahnverfolgungstechnologie anhand von Doppler- und Entfernungsmessungen die Position und Geschwindigkeit des Raumfahrzeugs berechnet, senden Kommandosysteme Befehle, unter anderem für die Instrumenten- und Lageregelung, an das Raumfahrzeug.

Die Interoperabilität zwischen den internationalen Raumfahrtbehörden wird durch Datenprotokolle gewährleistet, die auf den Normen des Beratenden Komitees für Datensysteme in der Raumfahrt (Consultative Committee for Space Data Systems, CCSDS) basieren. Dazu gehören unter anderem die Telemetrie- und Telekommando-Standards (TM/TC) sowie die Protokolle Space Packet und Proximity-1.

Am Boden ermöglicht das ESA-Softwarepaket SCOS-2000 (Spacecraft Control & Operations System) die Visualisierung der Telemetriedaten, die Befehlsgenerierung und die Systemautomatisierung, sodass die Operatoren stets einen detaillierten Überblick über den Missionsstatus haben. Diese Systeme ermöglichen der ESA die Aufrechterhaltung einer zuverlässigen Fernkommunikation mit Raumfahrzeugen, die Sammlung von wissenschaftlichen und Zustandsdaten und die Durchfûhrung von Präzisionsmanövern, was für komplexe Raumfahrtmissionen unerlässlich ist.

Infografik zur Verfolgung der Telemetriedaten während des Erstflugs von Ariane 6 (© ESA)

China

Die Nationale Raumfahrtbehörde Chinas (CNSA) setzt zur Überwachung und Steuerung von Weltraummissionen hoch entwickelte Telemetriesysteme ein. Im Mittelpunkt steht dabei ein Telemetrie-, Flugbahnverfolgungs- und Kommandosystem (TT&C), das Bodenstationen, das Chinesische Deep-Space-Netzwerk (CDSN) und die Tianlian-Relaissatelliten umfasst. Diese Infrastruktur ist unerlässlich für die Aufrechterhaltung der kontinuierlichen Kommunikation mit Raumfahrzeugen – etwa bei Weltraummissionen wie den Chang'e-Monderkundungen und der Tianwen-1-Marsmission. Das CDSN, zu dem unter anderem Stationen in Kashgar und Qingdao (Tsingtau) gehören, ist für von entscheidender Bedeutung für Langstreckenmissionen, da es Telemetrie und Flugverfolgung über große Entfernungen ermöglicht. Das Netz wird durch Relaissatelliten ergänzt, die die Datenbandbreite und -abdeckung erweitern und es Raumfahrzeugen ermöglichen, Daten zur Erde zu übermitteln, selbst wenn keine direkte Sichtverbindung zu einer Bodenstation besteht.

Start einer Rakete des Typs Langer Marsch 5 mit dem Experimentalsatelliten Shijian-20 startet vom Kosmodrom Wenchang (Foto: Gmandian, CC0, über Wikimedia Commons)

Die Relaissatelliten des Tianlian-Systems, die in geostationären Umlaufbahnen positioniert sind, spielen eine entscheidende Rolle bei planetarischen Missionen. Sie gewährleisten die Kommunikation zwischen Raumfahrzeugen und der Erde, unterstützen die Telemetrie und ermöglichen es der Missionskontrolle, in Echtzeit Befehle zu senden. Diese Infrastruktur gewährleistet, dass die Raketen und Raumfahrzeuge der CNSA kontinuierlich telemetrische Daten übermitteln können, die für den Erfolg der Mission und die Betriebssicherheit  von entscheidender Bedeutung sind.

China erweitert seine Flotte mit neuen Raketen wie Langer Marsch 6C und Langer Marsch 12, die für den Transport sowohl staatlicher als auch kommerzieller Nutzlasten konzipiert sind. Auch hier spielt die Telemetrie eine zentrale Rolle, da sie die Echtzeit-Laufbahnverfolgung und -Datenübertragung ermöglicht, die für die Überwachung von Raketenstufen und Satellitenfunktionen unerlässlich sind.

Das CDSN ist der Nationalen Raumfahrtbehörde Chinas unterstellt und eng mit dem Militär verzahnt. Im Gegensatz zur NASA und zur ESA ist die CNSA keine unabhängige Institution, sondern untersteht aufgrund ihrer militärischen und zivilen Doppelrolle dem chinesischen Staatsrat und der Volksbefreiungsarmee.

Aufkommende Technologien

Telemetrie mit Hochdurchsatz-Satelliten: Der Einsatz von Hochdurchsatzsatelliten (high-throughput satellites, HTS) für telemetrische Zwecke gewinnt zunehmend an Bedeutung, insbesondere für Missionen mit mehreren Raumfahrzeugen oder bei Langzeit-Weltraummissionen. Diese Satelliten bieten die notwendige Bandbreite für die effiziente Verarbeitung großer Datenmengen aus modernen Raumfahrtsystemen.

Optische Telemetrie: Die optische (Laser-)Telemetrie ist eine neue Technologie, die höhere Datenraten und eine sicherere Kommunikation verspricht. Die NASA und andere Agenturen erforschen ihren Nutzen für künftige Weltraummissionen, für die die herkömmliche Hochfrequenzkommunikation möglicherweise nicht ausreicht.

Künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen (ML): KI und ML werden in Telemetriesysteme integriert, um die Datenanalyse und Entscheidungsfindung zu optimieren. Diese Technologien ermöglichen eine prädiktive Instandhaltung, die Erkennung von Anomalien und den autonomen Betrieb, wodurch die Abhängigkeit von der Bodenkontrolle für Entscheidungen in Echtzeit verringert wird.

Quantenkommunikation: Die Quantentechnologie birgt das Potenzial für eine ultrasichere und hochschnelle Datenübertragung, die besonders für militärische und sicherheitskritische Anwendungen in der Luft- und Raumfahrt von großer Bedeutung wäre. Die Quantenverschlüsselung kann sichere Telemetriekanäle gewährleisten, während die Quantenverschränkung eine sofortige Datenübertragung über große Entfernungen ermöglichen könnte.

Globale Zusammenarbeit und Normen: Die internationale Zusammenarbeit hat an Bedeutung gewonnen: Weltraumorganisationen wie die NASA, die ESA, die russische Roskosmos, die CNSA und die japanische JAXA arbeiten gemeinsam an Telemetrie-Standards und -Technologien, um die Interoperabilität und den Datenaustausch zwischen verschiedenen Missionen und Ländern zu gewährleisten.

Software Defined Radio (SDR): SDR bietet Telemetriesystemen eine hohe Flexibilität, indem es die softwaregestützte Rekonfiguration von Frequenzbändern und Modulationsverfahren ermöglicht. Dies hilft Luft- und Raumfahrtsystemen, sich schnell an veränderte Bedingungen anzupassen, die Frequenznutzung zu optimieren und die Widerstandsfähigkeit gegen Interferenzen zu verbessern.

Fazit

Die Geschichte der Telemetrie in der Luft- und Raumfahrt ist ein Zeugnis für das unermüdliche Streben nach technischer Innovation. Von den frühen analogen Systemen der 1920er-Jahre bis hin zu den hoch entwickelten digitalen Systemen der Gegenwart ist die Telemetrie stets von essenzieller Bedeutung für den Erfolg von Luft- und Raumfahrtprojekten gewesen. Mit Blick auf zukünftige ambitionierte Vorhaben – wie Mondbasen oder die Kolonisation des Mars – und darüber hinaus wird sie auch weiterhin eine entscheidende Rolle bei der Erforschung des Weltalls durch den Menschen spielen.

Dabei wird die Telemetrie als Schlüsseltechnologie dazu beitragen, Raumfahrzeuge durch die Weiten des Alls zu navigieren, die Sicherheit der Astronauten zu gewährleisten und den Erfolg künftiger Missionen zu sichern. Angesichts kontinuierlicher Fortschritte bei der Datenerfassung, -übertragung und -verarbeitung wird sie auch in den kommenden Jahrzehnten für die Raumfahrttechnik unverzichtbar bleiben.

Mit dem Eintritt in eine neue Ära der Weltraumforschung – einschließlich der Errichtung von Mondbasen und der möglichen Marskolonisation – wird sich die Telemetrie weiterentwickeln und innovative Technologien wie KI, Quantenkommunikation und optische Telemetrie integrieren. Diese Innovationen werden sicherstellen, dass die Telemetrie ein unverzichtbares Element für den Erfolg zukünftiger Missionen bleibt und die Erforschung der letzten Grenze weiter vorantreibt.