Mittwoch, 10. April 2024 · 0 min read
Bewertung der seismischen Sicherheit eines Krankenhausgebäudes
Die Bewertung der Erdbebensicherheit von Bauwerken erfordert ein genaues Verständnis des Gebäudes und seines Verhaltens während eines seismischen Ereignisses. Um die seismische Anfälligkeit beurteilen zu können, ist eine korrekte Modellierung des Bauwerks von entscheidender Bedeutung. Zur Validierung werden die Umgebungsschwingungen überwacht und die Analyse mit numerischen Modellen verglichen. In unserem Fall führte das Hochbauunternehmen SPEKTRAL die seismische Bewertung eines Gebäudes durch und verwendete dabei Dewesoft-Sensoren für die Modellvalidierung.
SPEKTRAL verfügt über fachliche Erfahrung auf dem Gebiet des Erdbebeningenieurwesens. Mit anspruchsvollen Computersimulationen können die Ingenieure des Unternehmens die wahrscheinlichen Reaktionen neuer und bestehender Gebäude auf ein Erdbeben oder andere dynamische Belastungen vorhersagen. Die aus diesen Simulationen gewonnenen Erkenntnisse helfen den Kunden, klügere Investitionsentscheidungen zu treffen.
Bei diesem Prozess setzen die Ingenieure fortschrittliche Software ein, die die Modellierung nichtlinearer dynamischer Reaktionen von Strukturen ermöglicht. Ein gutes Verständnis der wichtigsten Analyseparameter, die den tatsächlichen Zustand des Bauwerks widerspiegeln müssen, ist dabei von entscheidender Bedeutung. Nur vollständige Eingangsdaten können zu genauen Ergebnissen führen.
Die Überwachung von Umgebungsschwingungen und der Vergleich der ermittelten Eigenschwingungsformen mit den aus numerischen Modellen gewonnenen ist ein ausgezeichneter Weg, um die Genauigkeit des Modells zu überprüfen. Diese Kombination von theoretischen Ansätzen und experimentellen Daten verbessert die Validierung numerischer Modelle und den gesamten Prozess der Bewertung der Erdbebensicherheit.
Das Dr.-Peter-Držaj-Krankenhaus
Im Jahr 2023 führte SPEKTRAL eine seismische Risikobewertung des Dr.-Peter-Držaj-Krankenhauses in Ljubljana (Slowenien) durch (siehe Abb. 1). Der Auftraggeber, das Medizinische Zentrum der Universität Ljubljana (UMCL), hoffte, durch die Einholung von Expertenmeinungen zur Erdbebensicherheit des Gebäudes nützliche Informationen für Investitionsentscheidungen erhalten.
Das Krankenhaus wurde 1962 errichtet und umfasst einen Nord- und einen Südflügel sowie einen Verbindungstrakt. Der nördliche und der südliche Flügel haben fünf bzw. vier Stockwerke, während sich die Höhe des Verbindungstraktes auf das Erdgeschoss beschränkt.
Das seitwärts stabilisierende Tragwerk des Gebäudes besteht aus einem Stahlbetonskelett mit Stahlbetonrippendecken. Unser numerisches Modell wurde in der SOFiSTiK-Softwareumgebung unter Verwendung von 1D- und 2D-FE-Elementen erstellt (siehe Abb. 3), und wir statteten es mit Trennwänden aus, um die Steifigkeit der Struktur auch bei geringeren Intensitäten der erzwungenen Schwingungen genau zu erfassen.
Schwingungsmessanordnung
Für die Überwachung wurde die Struktur mit drei rauscharmen triaxialen MEMS-Beschleunigungssensoren des Typs IOLITE® 3xMEMS von Dewesoft ausgerüstet (siehe Abb. 4). Diese Geräte liefern eine spektrale Rauschdichte von 25 μg/√Hz und verfügen über eine integrierte Datenerfassungs- und EtherCAT-Schnittstelle. Sie sind vollständig wasserdicht (Schutzart IP67) und können strukturelle Beschleunigungen in der X-, Y- und Z-Achse, statische Neigungen und Auslenkungen messen.
Zwei der Sensoren wurden im fünften Stock, dem Dachgeschoss, und eines im vierten Stock des Nordflügels installiert. Diese Anordnung erlaubte es, das Verhalten der Struktur in vertikaler und horizontaler Richtung über den gesamten Grundriss zu messen.
Analyseergebnisse versus Betriebsmodalanalyse
Die seismische Antwort des Gebäudes auf Erdbebenintensitäten muss, wie in der aktuellen europäischen Norm EN 1998-3 vorgeschrieben, mit Hilfe eines numerischen Modells abgeschätzt werden. Zuvor untersuchten wir die Eigenfrequenzen und Schwingungsformen des Bauwerks mit Hilfe einer Modalanalyse. Eine Übersicht der Eigenformen und -frequenzen ist in Tabelle 1 zu finden.
Gleichzeitig führten wir eine Betriebsmodalanalyse (OMA) unter Verwendung des Softwaretools ARTeMIS OMA von Dewesoft durch. Als Grundlage für die OMA dienten 30-minütige Aufzeichnungen von Umgebungsschwingungsmessungen der IOLITE®-Beschleunigungssensoren (siehe Abb. 6). Zur Identifizierung der Modaleigenschaften wurde das Verfahren der erweiterten Frequenzbereichszerlegung (Enhanced Frequency Domain Decomposition, EFDD) angewendet. Auch die Ergebnisse der OMA sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
Der Vergleich der Ergebnisse der am Computermodell durchgeführten Modalanalyse und der OMA zeigt eine bemerkenswerte Übereinstimmung. Das Computermodell und die OMA sagten die gleichen charakteristischen Eigenformen vorher:
1. Eigenform: in Y-Querrichtung
2. Eigenform: in X-Längsrichtung
3. Eigenform: torsional (siehe Tabelle 1 und Abb. 5 und 6)
Ähnliche Ergebnisse gelten für die Eigenfrequenzen der Struktur, bei denen die Analysewerte für die erste, zweite und dritte Schwingungsform den mittels der OMA abgeschätzten Werten sehr nahe kommen:
2,94 Hz,
3,13 Hz,
4,00 Hz im Vergleich zu 3,11 Hz,
3,37 Hz und
3,94 Hz (siehe Tabelle 1).
Die Abweichungen bei der ersten und zweiten Schwingungsform betragen weniger als 10 %, während die Differenz bei der dritten, torsionalen Schwingungsform sogar unter 5 % liegt.
Die OMA-Ergebnisse bestätigen die Ergebnisse der Modalanalyse am Computermodell, was unser Vertrauen in die Repräsentativität des Modells stärkt. Dennoch ist es sehr wichtig, sich bewusst zu machen, dass eine präzise Modellierung der dynamischen Antwort auf Schwingungen mit geringer Amplitude nicht automatisch auch verlässliche Ergebnisse bei erzwungenen Schwingungen mit hoher Amplitude bedeutet. Bei niedrigen Schwingungsamplituden, z. B. bei Umgebungsschwingungen, verhält sich das Bauwerk überwiegend elastisch, ohne dass es zu Schäden am Bau kommt.
Starke erzwungene Schwingungen, wie sie beispielsweise bei hohen Erdbebenintensitäten auftreten, können hingegen zu einem nichtlinearen Verhalten der Struktur führen. Dabei können erhebliche Schäden an tragenden und nicht tragenden Elementen, wie z. B. Ausfachungen, auftreten.
FE-Modell
TYP DER EIGENFORM | OMA MIT EFDD | |
---|---|---|
Erste Eigenform | Translatorisch, Y-Richtung | 2,94 Hz / 0,34 s |
Zweite Eigenform | Translatorisch, X-Richtung | 3,13 Hz / 0,32 s |
Dritte Eigenform | Torsion/Rotation | 4,00 Hz / 0,25 s |
OMA MIT EFDD
TYP DER EIGENFORM | OMA MIT EFDD | |
---|---|---|
Erste Eigenform | Translatorisch, Y-Richtung | 3,11 Hz / 0,32 s |
Zweite Eigenform | Translatorisch, X-Richtung | 3,37 Hz / 0,30 s |
Dritte Eigenform | Torsion/Rotation | 3,94 Hz / 0,25 s |
Fazit
Die von SPEKTRAL d.o.o. durchgeführte seismische Beurteilung des Dr.-Peter-Držaj-Krankenhauses ist ein gutes Beispiel für den komplexen Prozess der Bewertung der seismischen Sicherheit bestehender Bauwerke. Die Studie unterstreicht die Bedeutung einer präzisen Modellierung und des Verständnisses des Verhaltens eines Gebäudes bei dynamischer Belastung. Mit Hilfe fortschrittlicher Software waren wir in der Lage, ein numerisches Modell zu erstellen, das die primären Strukturelemente und die Auswirkungen der nichtstrukturellen Elemente (Ausfachungen) auf die strukturelle Steifigkeit berücksichtigt.
Die Einbindung der Betriebsmodalanalyse (OMA) unter Verwendung von IOLITE®-3xMEMS-Beschleunigungssensoren von Dewesoft fügte eine für die Validierung essentielle Komponente hinzu. Die Ergebnisse zeigten eine bemerkenswerte Übereinstimmung mit der Modalanalyse im Computermodell. Dieser umfassende Ansatz, der theoretische Methoden und experimentelle Daten kombiniert, erhöht das Vertrauen in die Genauigkeit und Repräsentativität des numerischen Modells erheblich.
Die Studie macht zudem deutlich, dass bei der Extrapolation von Schwingungen mit geringer Amplitude auf erzwungene Schwingungen mit hoher Amplitude Vorsicht geboten ist, und zwar insbesondere bei Szenarien mit starken seismischen Ereignissen. Das unter solchen Bedingungen beobachtete nichtlineare Verhalten verdeutlicht, wie wichtig es ist, mögliche strukturelle Schäden in Betracht zu ziehen und die Grenzen eines elastischen Strukturmodells zu berücksichtigen.
Dieses Fallbeispiel unterstreicht die Notwendigkeit eines differenzierten Ansatzes bei seismischen Bewertungen, um die Schadensanfälligkeit bei Erdbeben zu begrenzen. Bewertungen, die theoretische und praktische Aspekte kombinieren, können helfen, fundierte Investitionsentscheidungen zu treffen und die Sicherheit und Belastbarkeit bestehender Strukturen zu gewährleisten.