Patrick Fu

Mittwoch, 1. Februar 2023 · 0 min read

Shanghai Automotive Industrial Corp. (SAIC Motor)

Inertanzmessung an Airbag-Steuergerätehalterung

Automobile airbags are of lifesaving importance. Such airbags are triggered by an impact sensor, that is intended for detecting the acceleration signal in case of impact. The impact sensor monitors and controls the explosion of the airbag executed by an electronic control unit (ECU) cell

To function correctly the car bodywork at the mounting position must have sufficient stiffness - the frequency response must be restrained within a critical range. At SAIC Motor the acceleration and frequency response (inertance) are measured and analyzed online using DewesoftX software and DAQ devices.

Einleitung

Solche Inertanzmessungen werden durchgeführt, um Fehlauslösungen zu verhindern und unnötige Gefahren und Kosten zu vermeiden. Die Ergebnisse werden in der Regel nach Kriterien verifiziert, die von der Continental AG definiert worden sind, da die auf CAE-Simulation basierte Methodik die Prüfung unter realen Bedingungen nicht ersetzen kann. Wenn der interne Grund für die Resonanz ermittelt ist, kann dies Modifikationen der Strukturen nach sich ziehen, die dazu dienen, die Steifigkeit von Karosserie und Fahrwerk zu verbessern.

Sicherheit hat bei der modernen Automobilentwicklung die höchste Priorität, und Airbags spielen dabei eine Schlüsselrolle. Zum Schutz der Insassen löst das Airbag-Steuergerät die Airbags schnell aus, sobald es eine starke Kollision erkennt, die das Rückhaltevermögen der Sicherheitsgurte übersteigt.

Zünden sie bereits bei leichteren Kollisionen, dann können Airbags erhebliche Verletzungen der Insassen verursachen. Deshalb ist es für Automobilhersteller von entscheidender Bedeutung, sicherzustellen, dass die Steuergerätehalterung und die Fahrzeugkarosserie eine ausreichende Steifigkeit aufweisen, um einer bestimmten Aufprallstärke standzuhalten.

Unsere Erfolgsgeschichte kommt von der Shanghai Automotive Industrial Corp. (SAIC Motor), dem größten Automobilhersteller auf dem chinesischen Markt. Das Geschäft von SAIC Motor umfasst die Entwicklung, die Produktion und den Vertrieb von Personen- und Nutzfahrzeugen sowie die Erforschung, Entwicklung und Produktion und den Vertrieb von Autoteilen. Zu den OEMs, die SAIC Motor angegliedert sind, gehören unter anderem

  • die SAIC Passenger Vehicle Branch,

  • SAIC Maxus,

  • SAIC Volkswagen,

  • SAIC General Motors und

  • SAIC-IVECO.

Im konkreten Fall haben wir mit der Abteilung Sicherheitstechnik und virtuelle Technologie (SMTC) von SAIC zusammengearbeitet, die für den Resonanztest (Inertanz) gemäß der Resonanztestmethode und dem Bewertungsverfahren von Continental verantwortlich ist. Mit unserer preisgekrönten Dewesoft-Datenerfassungslösung sind die Kunden in der Lage, selbst Resonanztests durchzuführen.

Die Kernphilosophie von Dewesoft ist es, eine einzige Software für alle Anwendungen anzubieten. Die Datenerfassungssoftware DewesoftX ist das Ergebnis dieser Philosophie. Sie umfasst zahllose Funktionen für Anwendungen in den Bereichen  Automobil, Leistungsanalyse, NVH, Luft- und Raumfahrt Industrie und Tiefbau sowie für allgemeine Test- und Messaufgaben und erfüllt alle Anforderungen von der Aufzeichnung über die Analyse bis hin zum Reporting von Messdaten. 

Dewesoft bietet zudem einen intuitiven, schlüsselfertigen FFT-Analysator für NVH-Aufgaben, der auf dem vielseitigen USB-Datenerfassungssystem der SIRIUS®-Reihe basiert. Mit ihm kann SAIC ohne die Erfordernis der Unterstützung durch Continental-Techniker viel Zeit und Geld sparen. 

Problemstellung und Anwendung

Die Aufgabe eines Airbag-Crashsensors ist die Erfassung des bei einem Aufprall entstehenden Beschleunigungssignals, das zur Beurteilung und Steuerung der Airbag-Zündung per SDM verwendet werden kann.  Um Airbag-Fehlauslösungen zu verhindern und unnötige Kosten zu vermeiden, muss die Inertanz des Sensorbefestigungspunktes im zulässigen Bereich gehalten werden.

Branchen/Anwendungen

Der Resonanztest wird als Inertanz definiert. Die Inertanz liefert einen Wert, der für die lokale Steifigkeit am ECU/G-SAT-Befestigungspunkt steht, die für die Qualität des Beschleunigungssignals von Bedeutung ist.

Die Inertanz kann grundsätzlich als das Verhältnis zwischen Signalausgang und Signaleingang (Verstärkungs- oder Dämpfungsfaktor) verstanden werden und wird mithilfe der folgenden Formel berechnet:

\[Inertance= \frac{\sqrt{Ax^2+Ay^2+Az^2}}{F}\]
  • Dabei repräsentieren AxAy und Az die Beschleunigung in x-, y-, z-Richtung und F die Impulskraft des Modalhammers. Die Einheit der Inertanz ist g/N.

  • Der Resonanztest und das Bewertungsverfahren wurden ursprünglich von der Continental AG entwickelt. Allgemein ist eine Inertanz im gelben oder grünen Bereich akzeptabel.

Abb. 1: Resonanztest und Bewertungsverfahren

Daraus lässt sich ableiten, dass auch die folgenden Szenarien annehmbar sind:

  • Das Ergebnis kann akzeptabel sein, wenn sich die Inertanz oberhalb von 600 Hz in den roten Bereich bewegt.

  • Das Ergebnis kann ebenfalls akzeptabel sein, wenn sich die Inertanz zwischen 400 Hz und 600 Hz in den roten Bereich bewegt und  ≤ 2 ist. Sofern die Bedingungen es zulassen, ist jedoch eine Modifikation erforderlich.

Gleichzeitig ist der simulationsbasierte Resonanztest (rechnergestützte Entwicklung, CAE) immer ein kostengünstigerer Weg zur Vorabvalidierung, und die CAE wird auch vor dem experimentellen Test benötigt.

Das Testsignal ist ein Sinus mit konstanter Amplitude von 2g über den Frequenzbereich von 0-2000 Hz (Schrittweite 10 Hz). Die Anregung der ECU erfolgt in nur einer Richtung, während die Antwort in x-, y- und z-Richtung erfasst wird. Die Auslenkung in die anderen als der eingespeisten Richtung sollte weniger als 20% der Hauptrichtung betragen und die Stärke des Signals in der gewünschten Richtung nicht zu sehr von der des Anregungssignals abweichen (80–120 %).

Wird beispielsweise ein 2-g-Signal in z-Richtung für das Steuergerät eingespeist, dann sollte die Signalstärke für die x- und y-Richtung unter 0,4 g (2 g*20 %) liegen, die Signalstärke für die z-Richtung jedoch zwischen 1,6 g und 2,4 g.

Natürlich kann das CAE-Ergebnis nicht den Resonanztest unter realen Bedingungen ersetzen. Es dient lediglich als Referenz, und das Ergebnis kann manchmal von dem des Resonanztests abweichen. Da das CAE-Modell ein ideales Modell ist, können die realen Bedingungen ungünstiger oder schwieriger sein als die im Modell angenommenen. Es kommt durchaus vor, dass das CAE-Ergebnis akzeptabel ist, das des Resonanztests aber nicht, oder umgekehrt.

Der Resonanztest sollte der Continental-Methode entsprechen, und Continental bietet zur Gewährleistung dieses Umstands einen Zertifizierungsdienst an. Andererseits lässt Continental auch zu und empfiehlt sogar, dass Kunden, die über eigene Resonanzgeräte verfügen, den Resonanztest selbst durchführen. 

Auf diese Weise können beide Seiten viel Geld und Zeit sparen. Allerdings müssen als Voraussetzung einige Anforderungen erfüllt sein, und das Ergebnis der Resonanzprüfung muss zur Analyse an Continental geschickt werden. Das gesamte Testverfahren findet unter Einhaltung der einschlägigen Gesetze und Bestimmungen statt, darunter:

  • Continental-Resonanztestmethode und -Bewertungsverfahren – Continental AG

  • GB/T 37474-2019 Methods and requirements of airbag system abuse test for automobile

  • GB/T 19949.1 -2005 Hybrid electric vehicles – Power performance – Test method

Die Dewesoft-Messlösung

Messanordnung

Der Resonanztest fand wie üblich in der SAIC-Werkstatt statt. Ein Straßentest auf dem Prüfgelände war nicht erforderlich. Beim getesteten Fahrzeug handelte es sich um einen Prototyp des Modells SAIC ROEWE RX5 SUV.

Abb. 2: Der Prototyp im Test

Der Messaufbau umfasste einen Impulshammer, Beschleunigungssensoren, eine Datenerfassungseinheit und eine Stromversorgung. Alle Referenzsensoren mussten die folgenden Spezifikationen erfüllen:

  • keine Eigenresonanzen im gemessenen Frequenzband (0–5000 Hz)

  • Sensormasse unter 10 g

  • Sensorgröße unter 1cm × 1cm

  • Sensorkalibrierung vor den Tests

Verwendete Datenerfassungshardware:

  • SIRIUS-Datenerfassungssystem von Dewesoft Modell SIRIUSi-8xACC: 8-kanalige IEPE-/Spannungseinheit mit Analogeingängen

  • Dytran 5800B5 Dytranpulse: Allzweck-IEPE-Impulshammer für die Anregung von Strukturen oder Maschinen mit definierbarer Impulskraft. Der Impuls dient der Identifizierung von Resonanzen, die einen wichtigen Messparameter für die Studie darstellen.

  • Dytran 3333A3triaxialer Miniatur-IEPE-Beschleunigungssensor mit sehr niedriger unterer Grenzfrequenz, für einen hervorragenden Phasengang bei niedrigen Frequenzen

Verwendete Datenerfassungssoftware:

Abbildung 3. Grundlegendes Setup-Diagramm für den Resonanztest

Inertanzmessungen

Der Endanwender SAIC verbesserte den Continental-Aufbau leicht, indem er einen triaxialen Beschleunigungssensor anstelle von drei Einzelsensoren anbrachte, um das Beschleunigungssignal in x-, y- und z-Richtung an der Position des SDM (Sicherheitsrückhaltesystem-Diagnosemodul) und am unteren Ende der B-Säule des Fahrzeugs zu messen.

Abb. 4: Zu testender SDM-Befestigungspunkt

Der Sensorwürfel kann direkt auf den Schraubenkopf oder den umgebenden Boden aufgeklebt werden. Zur Gewährleistung des korrekten Ausrichtungswinkels wird vorzugsweise eine speziell entwickelte Lehre verwendet. Diese Lehre wird vor Beginn des Tests wieder entfernt.

Abb. 5: Unteres Ende der B-Säule des Fahrzeugs

Ablauf

Die typische Abtastrate beträgt 20 kHz, mit Anti-Aliasing-Filter (4 kHz).

Für jede Position sind mindestens drei einzelne Anregungen mit dem Modalhammer mit einer Kraft von etwa 50–100 N erforderlich. Die Schlagdauer sollte so kurz wie möglich sein, und Doppelschläge sind zu vermeiden.

Es sollten zumindest die kompletten Sensordaten, einschließlich einer Vortriggerzeit von 10 ms, aufgezeichnet werden. Es ist empfehlenswert, das 500-ms-Signal mit einer Abtastrate von 20 kHz zu erfassen.

Die Inertanzmessung ist sehr empfindlich gegenüber elektrischen Störsignalen (z. B. 50 Hz von der Stromversorgung). Es wird empfohlen, je 250 ms vor und nach dem Ereignis aufzuzeichnen, um festzustellen, ob elektronisches Rauschen vorhanden ist. Als Trigger kann ein Modalhammerimpuls (ca. 20 N) dienen.

Datenaufzeichnung und Formatanforderungen

Nach jedem Test ist es notwendig, die Testposition, -richtung und -anordnung sowie alle anderen relevanten Informationen zu dokumentieren, um den Arbeitsablauf analysieren und wiederholen zu können. Es wird dringend empfohlen, nach jedem Test eine Testbeschreibung mit der Nummer, dem Datum und dem Ort des Tests sowie der Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN) des getesteten Fahrzeugs zu erstellen.

Alle Testdaten sollten direkt nach dem Test überprüft werden. Die gemessenen Daten sollten stets zwischen 60 % und 95 % des Einstellbereichs liegen. Vor der Anregung mit dem Modalhammer sollte kein wesentliches Rauschen an den Sensoren ersichtlich sein.

Gemäß der aktuellen Spezifikation ist es auch erlaubt, Daten über 80 ms mit einem 50%igen Vortrigger aufzuzeichnen. Das lässt sich mit der schlüsselfertigen Datenerfassungssoftware DewesoftX leicht umsetzen. Wir setzen den Schwellwert einfach auf 50 N bei steigender Flanke während des Tests, starten die Erfassung mit einer Abtastrate von 25,6 kHz und die Speicherung unmittelbar nach dem Trigger.

Abb. 6: Bei Triggerung erfasste Kraft- und Beschleunigungsrohdaten

Damit der SAIC-Techniker das Ergebnis sofort vor Ort einsehen kann, werden Echtzeitberechnungen benötigt. Die Frequenzbereichs-Referenzkurve ist dafür ein hervorragend geeignetes Werkzeug. Der Anwender hat die Referenzkurve als vordefinierte Maske aufgezeichnet.

Abb. 7: Grenzwertkurve, abgeleitet aus dem Continental-Bewertungsverfahren

Der Continental-Algorithmus hat den Zweck, das Kraftspektrum und die Beschleunigungsspektren für alle drei Richtungen einzeln zu ermitteln (Abb. 8–11), um die Inertanz im Frequenzbereich direkt zu berechnen. Zur Wahrung der Konsistenz kopiert der Anwender einfach den Algorithmus und erstellt die Spektren mittels Math Library in der Datenerfassungssoftware DewesoftX.

Abb. 8: Kraftspektrum
Abb. 9: Beschleunigungsspektrum in x-Richtung
Abb. 10: Beschleunigungsspektrum in y-Richtung
Abb. 11: Beschleunigungsspektrum in z-Richtung

Die Spektren werden in FFT Math mit einer Frequenzauflösung von 12,5 Hz verarbeitet. DewesoftX Formula Math ist sehr benutzerfreundlich und lässt die intuitive Berechnung der Inertanz zu.

Abb. 12: In Dewesoft Math bearbeitete Formel

Testergebnisse 

Die Messungsanalyse lässt sich durch Darstellung des Inertanzspektrums im DewesoftX Visual Controller - 2D Graph visualisieren. Zur Verdeutlichung des Ergebnisses wird zusätzlich ein vordefinierter Toleranzbereich (Referenzkurven) in das Diagramm eingeblendet.

Abb. 13: Durch Referenzkurven gebildeter Toleranzbereich

Für Vergleichs- und Validierungszwecke wurden die Rohdaten (Beschleunigung, Kraft) aller vom Anwender durchgeführten Tests dann zur Analyse an Continental geschickt. Die Ergebnisse dieser Auswertung stimmten mit unseren Resultaten überein (siehe Abb. 14). Der Testpunkt (B-Säule) wurde von Continental als geeignet erachtet.

Generell sind die ECU-Halterung und das untere Ende der B-Säule die beiden obligatorischen Testpunkte, die Continental verlangt, wobei an jedem Punkt durchschnittlich mindestens drei Anregungen gemessen werden. Basierend auf den Ergebnissen mehrerer Tests gelangte der Techniker zur Ansicht, dass eine mit dem Modalhammer ausgeübte Anregungskraft von 20–60 N ausreichen könne.

Fazit

Continental  teilte mit, dass der Versuch erfolgreich war und die von SAIC genutzte Einrichtung genehmigt wird. In diesem Sinne wird Dewesoft als Standardapparatur für den Test gelistet, und die Continental-Ingenieure brauchen nicht mehr zur SAIC-Niederlassung zu reisen.

Stattdessen müssen lediglich die Roh- und die Analysedaten zur Validierung an Continental übermittelt werden.

Die Lösung kann von zahlreichen Automobilherstellern genutzt werden, für die die gleichen Anforderungen gelten. Für die Resonanzprüfung ist SIRIUS mini 4×ACC auf jeden Fall eine wirtschaftlich günstige Basislösung für Kunden mit einem begrenzten Budget.

4-kanaliges IEPE Schwingungsmess- und Datenerfassungssystem SIRIUS mini

SAIC freut sich sehr, dass die Dewesoft-Lösung schnell akzeptiert worden ist, da nun keine großen Summen für die Anreise von Continental-Technikern ausgegeben werden müssen. Dadurch wird in der Abteilung Sicherheitstechnik und virtuelle Technologie jedes Jahr ein erhebliches Budget freigesetzt.

Darüber hinaus kann das vielseitige Dewesoft-Datenerfassungssystem  von SAIC auch für Schallmessungen eingesetzt werden und spart so zusätzliche Investitionen. Und schließlich bietet es alles, was von einem professionellen FFT-Spektrumanalysator erwartet wird: eine erstklassige Performance, erweiterte Cursorfunktionen, eine hohe, frei wählbare Linienauflösung, eine flexible Mittelung und fortgeschrittene Funktionen für eine eingehende Frequenzanalyse.

Das Dewesoft-System ist als sehr kosteneffiziente Lösung für eine breite Palette von NVH-Tests im Automobilbereich anerkannt. Es handelt sich zweifellos um ein höchst effektives Werkzeug, für das sich zahlreiche Automobiltechniker entscheiden werden.

Dokumentation und externe Ressourcen